: Ernst, nicht schwer
■ Mooi Street Moves: Südafrika beim Welt Kultur Sommer auf Kampnagel
Rassismus äußert sich unter anderem darin, daß verschiedene Gruppen nur in entfremdeter Form miteinander kommunizieren. Man redet nicht miteinander, man schreit sich nicht mal an. Das ist auch für das Theater ein Problem. Schließlich kommt es da aufs Sprechen an. Wie also kriegt ein südafrikanischer Autor eine weiße und eine schwarze Figur zusammen auf die Bühne?
Paul Slabolepszy konstruiert in Mooi Street Moves einen Zufall. Henry, ein Weißer, kommt nach Johannisburg, um seinen Bruder zu suchen, den er seit sechs Jahren nicht gesehen hat. In dessen ehemaliger Wohnung lebt inzwischen aber Sticks, ein Schwarzer. Das Spiel: Was wäre, wenn ein Weißer und ein Schwarzer im heutigen Südafrika in eine Situation gerieten, in der sie aufeinander angewiesen wären? Sie würden letzthin Freunde. Schließlich sind wir im Theater. Am Schluß stirbt einer. Wir sind in Südafrika.
Ein Weißer verliert seinen weißen Bruder, findet in einem Schwarzen einen neuen und verliert auch ihn wieder. Mooi Street Moves ist ein geschickt gebautes Stück mit einer präzise der Straße abgelauschten Sprache. Entscheidend in der südafrikanischen Produktion, die jetzt im Rahmen des Welt Kultur Sommers auf Kampnagel gastiert, ist allerdings das Wie. Von der Schwere eines Problemstücks ist nämlich Slabolepszys Stück meilenweit entfernt. Statt dessen darf – bei dem Thema fast eine Provokation – gelacht werden.
Das ist besonders auch das Verdienst der Schauspieler. Martin le Maitre als Henry und Zane Meas als Sticks agieren mit großer Verve und viel Witz, als müßten sie die Versöhnung der Rassen ganz allein schaffen. Gerade die Intensität ihres Spiels wirft die Frage auf, warum es in der Realität Weißen und Schwarzen nicht gelingen will, auf fröhliche, selbstironische und phantasievolle Weise miteinander umzugehen. Da zeigt ein Stück in der gegenwärtigen Situation, daß körperliche und kulturelle Unterschiede auch ganz einfach zum Lachen sein können.
Dirk Knipphals
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