piwik no script img

Kann Arbeitsgruppe City retten?

■ SPD holte Kaufleute und Beamte zur Rettung der Bremer Innenstadt an einen Tisch

34Z

hier Kaufhalle

Auch ein Eingangstor zur City: Die Kaufhalle am Brill

Bremens Innenstadt krebst vor sich hin: Immer weniger Menschen wollen hier einkaufen. Sie bleiben lieber in Verden und Vegesack oder fahren gleich nach Oldenburg. Die Misere ist bekannt. Doch wie das Einkaufszentrum City attraktiver werden könnte, darüber streiten sich Kaufleute und BeamtInnen seit Jahren. Warum passiert nicht endlich was, fragt sich die SPD-Fraktion und lud die Kontrahenten zu einem großen Roundtable. Erfolg: Die ewig gleichen Argumente wurden vorgetragen, doch immerhin mit zusehends weniger Elan. Beispiel gefällig? Karstadtchef Blumenberg: Die Innenstadt ist mit dem Auto nicht erreichbar. Ortsamtsleiter Heck: Die Parkhäuser sind nur zu 60 Prozent belegt, und man müsse mit dem Auto nicht an die Käsetheke fahren.

Eigentlich sollten die Kaufleute mit den BeamtInnen ins Gespräch kommen, doch zunächst nutzten drei Behördenvertreter die ihnen zugestandenen „Kurzreferate“ aus, um ausführlichst von ihren Erfolgen und Forderungen zu reden. Da taten sich plötzlich auch zwischen den Behörden Kluften auf: Staatsrat Haller etwa, der starke

Mann im Wirtschaftsressort, geißelte, daß man viel zu viel diskutiert und zu wenig getan habe. Vor allem habe man sich nur von einer Pflasterung zur nächsten gehangelt, anstatt große Schlüsselprojekte anzugehen. Zum Beispiel diese „Pißrinne“, die Kongresszentrum-BesucherInnen durchschreiten müssen, um von der Innenstadt durch den Hauptbahnhof zu gelangen — oberste Priorität also für Bahnhofs- und Vorplatzgestaltung mit Teilbebauung!

Vielleicht könnte man ja nun, da die Lettow-Vorbeck-Kaserne frei werde, auch das Polizeihaus für Einzelhandel und Dienstleistungen nutzen — ein Brückenkopf zwischen Innenstadt und Ostertorviertel wäre geschaffen. Daß die Straßenbahn trotz aller Bimmelbahnromantik nicht auf Dauer oberirdisch durch die Obernstraße donnern könne, ist für den Staatsrat selbstverständlich. Die Kaufleute nickten — ja, unser Wirtschaftsstaatsrat.

Doch der Leiter des Stadtplanungsamtes, Detlef Kniemeyer, setzte dem großspurigen Planungseifer Hallers einen gehörigen Dämpfer auf: Er zeigte Dias von Bremer Scheußlichkeiten, die alle von den Kaufleuten selbst zu beheben wären. Zum Beispiel die vernagelte Rückfront des Schreibwarenhändlers Dörrbecker oder von Hespenau am Wall; eine riesige Baulücke hinter Leffers und vor allem die desolate Kaufhalle am Brill — am Eingang zur Innenstadt also.

Sicher, alles nur kleine Schritte zur Attraktivierung der Innenstadt, sagte Kniemeyer, aber hatte nicht erst 1987 ein Gutachten genau dies empfohlen: Kleine Schritte, die in der Summe zu einem Sprung führen, statt spektakulärer Pläne?

Überhaupt, von wegen „nichts passiert“: Die Ansgari-Passage werde jetzt gerade umgestaltet, die Langenstraße demnächst zur Einkaufsstraße umgebaut, und auch in Landesbankgebäude und Wertpapierbörse sollen Geschäfte eröffnen. Wenn doch die Kaufleute nicht immer nur jammern würden, meinte der Stadtplaner, sondern sich, so wie am Wall, zusammenschlössen: Dort bekommt der Bürgersteig im Frühjahr '94 ein Dach und soll zur Promenade umgebaut werden.

Sind ja alles ganz schöne Ideen, fand da der oberste Einzelhändler, Helmut Zorn, doch ihn dürstet nach einem zusammenfassenden Plan von der Behörde. Vielleicht ja auch könnte die Behörde den Kaufleuten, die ihre Häuserfronten vernachlässigen, auf die Finger klopfen und sagen „Sichern Sie den Wert Ihrer Immobilie“ — so Karstadt-Chef Blumenberg.

Da war auch Ortsamtsleiter Heck nicht mehr zu halten: Wie wär's mit einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Innenstadt“ unter Federführung des Ortsamtes — schließlich habe man es im Bereich Mitte geschafft, sich innerhalb von drei Jahren auf die Verkehrsberuhigung des Ostertorsteinwegs zu einigen, wenn auch unter Kämpfen. Versonnenes Schmunzeln bei den Kaufleuten. Christine Holch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen