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Neuer Tunnel im Spreebogen entdeckt

■ Nazis wollten Spree unterirdisch umleiten / Kosten für Regierungsviertel steigen

Bei dem Bau der vier Tunnel unter dem Tiergarten und des neuen Lehrter Bahnhofs gibt es neue Probleme. Die DMT-Gesellschaft, vom Senat beauftragt, den Untergrund im Spreebogen zu untersuchen, hat eine „teure“ Überraschung entdeckt. Die Nazis hatten nicht nur zur Umleitung der Spree einen Unterwassertunnel geplant, sondern mit dem Bau bereits vor 1943 begonnen. Dies berichtete der Geophysiker Christoph Gelbke am vergangenen Freitag auf einer Veranstaltung der Berliner Bauwochen. Der Spreetunnel muß entfernt werden, bevor mit dem Bau des darüberliegenden Regierungsviertels begonnen wird, bestätigte Ullrich von Bismark von der Bauverwaltung der taz. Diese Arbeit erhöhe die Baukosten.

Mit einer Überraschung wartete auch der Landschaftsarchitekt Klaus Neumann auf, der die Umweltauswirkungen der „Verkehrsanlagen im zentralen Bereich“ untersucht. Erstes Zwischenergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP): Zwar gebe es erhebliche Belästigungen während des Baus für Anwohner durch Staub und Lärm. Aber durch den Betrieb der geplanten Tunnel für die Fern-, die U- und S-Bahn sowie den Autoverkehr werde es zu „keinen erheblichen Belastungen“ kommen. Durch den Rückbau der heutigen Entlastungsstraße verbessere sich die ökologische Bilanz des Tiergartens sogar.

Erhebliche Auswirkungen gebe es allerdings durch den Bau von oberirdischen Anlagen, betonte Neumann. Schon jetzt seien die benachbarten Bezirke Kreuzberg und Schöneberg mit Grünflächen „enorm“ unterversorgt. Der Ausgleichsfunktion des Tiergartens werde durch den Bau des Regierungsviertels entwertet. Etwa 100 Hektar gingen verloren. Auch bei der Gefahr für das Grundwasser maß der Landschaftsarchitekt den Hochbauten größere Bedeutung zu als den Tunnelanlagen. Die größte bedeutendste Grundwasserentnahme habe es im vergangenen Jahr mit 300 Millionen Kubikmeter in der Baugrube der Friedrichstadtpassagen gegeben. Mit diesem Beispiel warnte der Referent Bürgerinitiativen und Medien, die Gefahr für den Tiergarten durch das Absenken des Grundwassers nur an Hand der Verkehrsanlagen zu problematisieren.

Auf das Kleinklima der Parkanlage sollen die Verkehrsanlagen ebenfalls keinen negativen Einfluß haben. Laut Untersuchung erfüllt der Tiergarten eine bedeutende Funktion für den Luftaustausch zwischen Schöneberg und Wedding. Aus Sicht der Umweltverträglichkeit dürfe es deshalb keine Bauwerke in Ost-West-Richtung geben, die diesen Austausch behindern würden. Doch zu den aktuellen Entwürfen des Regierungsviertels, mit denen unter anderem ein gewaltiger Ost-West-Riegel aus mehreren Gebäuden vorgeschlagen wird, äußerte sich Neumann nicht. Auftrag seiner Untersuchung seien die Folgen durch die Verkehrsanlagen gewesen. Der Planer bemängelte allerdings, daß ökologische Fragen zu den Bundesbauten „öffentlich überhaupt nicht diskutiert“ würden.

Was die Verkehrsanlagen anging, übte Neumann nur an der Ausfahrt auf dem Kemperplatz deutliche Kritik: „Aus umweltverträglicher Sicht geht das nicht.“ Die UVP, mit der auch Auswirkungen auf das „Schutzgut Kultur“ untersucht werden, komme zu dem Ergebnis, daß durch die wall- artige Tunnelausfahrt die historische Sichtachse zwischen Potsdamer Platz und Schloß Bellevue zerstört werde. Pikant: Die Architekten der Investoren am Potsdamer Platz haben in ihren Entwürfen diese Sichtachse als verlängerte Diagonale aufgenommen.

Was derzeit bei dem Eisenbahntunnel unklar ist, ist die Dicke der Wände, berichtete Dieter Funk von der Deutschen Reichsbahn auf dem Symposium. Nach Vorschriften der Bahn haben die Wände zweischalig zu sein, doch die Berliner Bauverwaltung besteht auf einer einschaligen Lösung. Hintergrund des Streits: Doppelte Wände sind 90 Millionen Mark teurer. Auch wenn nicht Berlin, sondern die Bahn die Kosten zu tragen habe, sagte Baustaatssekretär Franz Bielka (SPD) der taz, sollten die finanziellen Ausgaben doch möglichst gering gehalten werden. Außerdem, befürchten Bürgerinitiativen, würden die Eisenbahntunnel – unter dem Tiergarten bekommt jedes Gleis eine eigene Röhre – nicht nur dicker, sondern müßten dann auch einen größeren Abstand zwischeneinander halten. Die Tunnelanlagen würden insgesamt breiter und der Tiergarten stärker in Mitleidenschaft gezogen. Dirk Wildt

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