■ Das Portrait
: Danica Drašković

In der Nacht vom 1. zum 2. Juni forderte Danica Drašković die Demonstranten vor dem jugoslawisch-serbischen Bundesparlament in Belgrad auf, das Gebäude zu stürmen und „wenn nötig alles zu zerstören, wenn nur so die Radikalen zu stürzen sind.“ Im Unterschied zu ihrem Ehemann Vuk Drašković, dem Führer der oppositionellen „Serbischen Erneuerungsbewegung“ (SPO), hatte die politisch ambitionierte Juristin bisher noch kein Gefängnis von innen gesehen. In dieser Nacht wurde sie mit kaputt geschlagenen Nieren ins Belgrader Gefängniskrankenhaus eingeliefert.

Als „serbische Lady Macbeth, die Goethe seinerzeit als mittelalterliche Hexe beschrieben hätte“, bezeichnete die nationalistische Zeitung „Großserbien“ die 50jährige Oppositionspolitikerin. Diese hatte in Fernsehinterviews immer wieder auch die Überzeugung der SPO, in Serbien sei es möglich, etwas auf parlamentarischem Wege zu lösen, kritisiert. Das SPO-Mitglied entpuppt sich bei genauerem Hinsehen jedoch nicht als „aggressive und taktlose Person, von einem krankhaften Wunsch nach Macht getrieben“, wie ihr politische Gegner vorwerfen. Vielmehr ist sie eine Einzelkämpferin, die auch in Zeiten der nationalen Euphorie staatlich etablierte Lügen bloßzustellen wagt.

Für die Freilassung der serbischen Oppositionspolitikerin setzt sich auch der französische Präsident Mitterand ein.Foto: Ap

Einer ihrer letzten Fernsehauftritte vor der Inhaftierung wurde der pensionierten Richterin wahrscheinlich zum Verhängnis. „Daß wir Serben in Bosnien keinen Krieg führen, wie die Präsidenten Milošević und Ćosić nicht müde werden, zu behaupten, kann ich mit Tatsachen widerlegen. Wir haben dort Leute, die gesehen haben, daß Srebrenica von der Jugoslawischen Bundesarmee erobert wurde. Es waren 280 Panzer, die alle umliegenden muslimanischen Dörfer unter sich begraben haben. Hätten wir rechtzeitig etwas gesagt, wäre vielleicht noch ein Dorf, ein Kind zu retten gewesen...“. Die Inhaftierung Danica Drašković' zeigt, daß sie längst als politisch ernstzunehmende Gegnerin betrachtet wird. Pessimisten aus den Reihen der serbischen Opposition sind der Ansicht, daß die Inhaftierung politischer Gegner nur der Anfang der Wiedereinführung des Einparteiensystem in Rest-Jugoslawien ist. Olivera Stevanovic