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Mit blauem Auge davon

■ Von Schwarzen Sheriffs verprügelt und vor Gericht verurteilt

Wieder einmal standen zwei Opfer des erst vor knapp zwei Jahren von der Bundesbahn eingesetzten privaten Wachdienstes als Angeklagte vor Gericht. Beleidigung und Körperverletzung wurde ihnen vorgeworfen. Dabei sehen sie sich selbst als Geschädigte.

Bernd Harms und Michael Gartow hatten an einem späten Oktoberabend des vergangenen Jahres im „Gourmet-Laden Hauptbahnhof“ Wein getrunken, als sie von Wachleuten mehrmals aufgefordert wurden, das Lokal zu verlassen. Michael Gartow machte abfällige Bemerkungen. Tenor: „Könnt ihr nicht einen vernünftigen Beruf erlernen?“ Daraufhin habe ihn ein Wachmann, so Gartow, vom Hocker gezogen und ihm die Gurgel abgedrückt. Nach Aussage von Bernd Harms sei der schwerbehinderte Gartow violett angelaufen. Als seine Freundin eingriff, sei auch sie geschlagen worden. Harms: „Da habe ich einen Wachmann kurz mit CS-Gas besprüht.“ Erst als Polizei erschien, hätten die Sheriffs abgelassen.

Eine Schilderung, der Wachmann Kai Kamitz widerspricht. Der 38jährige, inzwischen Einsatzleiter, beteuerte, nur einen Angriff Michael Gartows abgewehrt zu haben. „Der Herr ist vom Hocker aufgesprungen und hat mich an den Oberkörper geschlagen.“ Die Einlassung amüsierte Gartows Anwalt: „Wenn ich mir meinen Mandanten so anschaue, müßte er eher vom Hocker herunter- als hochgesprungen sein.“ Doch Kamitz blieb bei seiner Darstellung. „Ich hatte einen blauen Fleck, meine Uniformjacke war zerrissen.“ Wie es zu dem von Gartow ebenfalls beanstandeten blauen Auge kam, wußte er nicht.

Zum Schluß blieben für Richter Rudolph Fragen offen. Zwar schien er der Version des Schwarzen Sheriffs nicht recht zu glauben. Doch hatte Michael Gartow zugegeben, tatsächlich „vor mich hingeschimpft zu haben“. Deshalb wurde er zu einer Geldbuße von 800 Mark verurteilt. „Wenigstens kein Registereintrag“, freute er sich. Dagegen läuft das Verfahren gegen Bernd Harms weiter. Er besteht auf einen Freispruch.

Torsten Schubert

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