piwik no script img

taz-Reporter vor Gericht

■ Bezirksamt Nord stellte Strafantrag wegen Beleidigung einer Mitarbeiterin

Mitte vergangenen Jahres war unter der Überschrift „Willkür in Hamburgs Sozialämtern“ ein Artikel in der taz erschienen, der sich mit Leistungskürzungen bei Sozialhilfeempfängern beschäftigte. Autor: Redakteur Kai von Appen. Der Text hatte jetzt ein gerichtliches Nachspiel vor dem Amtsgericht Altona, weil das Bezirksamt Nord Strafanzeige wegen Beleidigung einer Mitarbeiterin stellte.

In seinem Artikel hatte Kai von Appen das Verhalten des Bezirksamts Nord gegen sozial Schwache anhand eines Fallbeispiels beschrieben. Ein wesentlicher Kritikpunkt war die Amtsführung der Gesundheitsdezernentin N. Die Allgemeinmedizinerin soll nach dem Bericht entgegen dem eindeutigen Votum eines Facharztes für Psychiatrie bei einem psychisch kranken Sozialhilfeempfänger Arbeitsfähigkeit attestiert haben. Während seiner Schilderung gab von Appen in einem Nebensatz des Artikels die Äußerung einiger Bezirksparlamentarier wieder, daß die Ärztin „innerhalb der Bezirksversammlung gern als 'BDM-Weib' tituliert wird“. Die Ärztin selbst schwieg dazu, doch das Bezirksamt reagierte.

Drei Monate später erhielt der Redakteur einen Strafbefehl über 2100 Mark, gegen den er sofort Widerspruch einlegte. Im Prozeß sagte Kai von Appen gestern: „Zweck des Artikels ist es gewesen, die Amtsführung von Frau N. anzuprangern.“ Und: „Wenn ich sie dabei persönlich beleidigt habe, tut es mir leid.“ Eine Entschuldigung, die Gericht und Staatsanwaltschaft dazu veranlaßte, das Verfahren mit Zustimmung des Bezirksamts einzustellen. Als Auflage muß Kai von Appen eine Geldbuße von 1000 Mark an Greenpeace zahlen.

tos

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen