: Bremer Sumpfblüten
■ Jürgen Alberts neuester Polizei-Krimi „Tod eines Sesselfurzers“
Ich gestehe es gleich zu Anfang: Ich habe mich mit einem Cappuccino bestechen lassen. Von einem Autor, von einem Krimiautor, von einem Bremer Krimiautor, von einem Bremer Krimiautor, der Bremen-Krimis im Bremer Polizei-Milieu schreibt, von Jürgen Alberts. Seit sieben Jahren ermittelt dieser in Sachen Arbeit und Alltag der Bremer PolizistInnen, stichelt über Korruption und Kungelei, wirft einen Polizei-Roman nach dem anderen auf den Markt. Und fragt jetzt unschuldsvoll unter seiner grauen Hutkrempe hervor: „Sind Sie damit etwa schon gekauft?“
„Tod eines Sesselfurzers“ heißt Jürgen Alberts' neuester Krimi. Beamtenmord ist das Verbrechen. Mord an Senatsrat Dr. Wilhelm Moor aus der Umweltbehörde, der es nötig hatte, sich seine Karriere zu erschleichen, indem er sich von Affaire zu Affaire hochkorrumpierte. Natürlich wird er verraten — die Stadt hat ihren Skandal. Klaus Watermann, Journalist bei den „Weser-Nachrichten“ (laut Alberts Bestinformierter der Stadt, seit er ab und an für die taz arbeitet und sinnigerweise mit kw zeichnet) startet eine Enthüllungskampagne — für die Bremer Polizei der ideale Mordhauptverdächtige.
Jürgen Alberts spinnt uns sein Intrigennetz, filigran und reißfest. Nicht Feind, nicht Freund, alle sind verstrickt, keiner will rausfallen. „Der Moor ist tot.“ — „Der Moor hat seine Schuldigkeit getan“, sagt Klaus Grünenberg, Lokalchef der „Weser-Nachrichten“. Wir kennen ihn!? Ähnlichkeiten mit noch lebenden Personen sind beabsichtigt.
Ach ja, die Herren Pressesprecher Wüstenhöfer und Burwitz, Polizeipräsident Mantz, Justizsenatsrat Horst Insel (SPD), Michael Adler von der „Nordschau“ — sie sind es, heißen anders, und vielleicht sind sie's auch wieder nicht. „Sämtliche Vermutungen werden nur halb bestätigt“, lacht sich Jürgen Alberts eins. „Ein bißchen was sollen die BremerInnen doch noch zu raten haben.“ Einzige prägnante Ausnahme: Kulturredakteur Rainer Mammen, der öfter mit einer Volontärin essen geht.
Jürgen Alberts,freier Autor und ehemaliger Mitbegründer des Bremer Blatts, findet, daß die Hintergründe in Bremens Gesellschaft, Politik und Polizei leicht zu durchschauen - und zu geißeln sind. Was ihm offensichtlich Spaß macht. „Tod eines Sesselfurzers“, ein ordinärer Buchtitel? Keineswegs. Derb und abgehackt des Autors Erzählstil, es kann gar nicht zwielicht genug geschrieben sein. Nicht in der Komposition, sondern in der Anspielung liegt die Spannung seines Buches.
Einer der vielen Krimis, die die Frage nach Opfer oder Täter längst überholt haben. Mordkommissar Meyerhoff, der Klaus Watermanns erzwungenes Geständnis mit dessen Unterschrift fälscht, ist für den Autor „im System nur der Schwanz, mit dem der Dackel wackelt“. Alberts' Polizisten-Skatrunde Lindow, Pinneberg, Schlink und Marianne Kohlhase (?) sympatisiert mit dem bundesweiten „Arbeitskreis kritischer PolizistInnen“. (Seit zwei Jahren versucht der Dichter, ihnen einen Bremer Ableger herbeizuschreiben.)
Ein Lesevergnügen für hämische Bremen-InsiderInnen und solche, die alles, was unterhalb abgeht, lieber durch die Blume haben wollen, ist der „Tod eines Sesselfurzers“ allemal. Jürgen Alberts jedenfalls hofft, Familie Grobecker nicht zu nahe getreten zu sein, und die Krimi-Pointe an dieser Stelle wäre ja sowieso Verrat. Der Autor selbst zu seinem Buch: „Es handelt davon, wie man einer Mordanklage entgeht.“ Drei Bremen-Polizei-Krimis hat er noch in Planung, Klaus Watermann wird älter werden und uns hoffentlich auch als Serienheld erhalten bleiben. Silvia Plahl
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