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Zwischen Streik und Abschluß

■ Bremer Gewerkschaften streiten über Tarifverhandlungen im Einzelhandel

Heftige Differenzen herrschen derzeit zwischen den Bremer Gewerkschaften Handel, Banken und Versicherungen (HBV) und Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG) über den Stand der diesjährigen Tarifverhandlungen mit dem Einzelhandelsverband Nordsee. Während die HBV in ausgewählten Bremer Einzelhandelsgeschäften zur Urabstimmung über einen möglichen Streik aufgerufen hat, schätzt die DAG, daß die Tarifverhandlungen „kurz vor dem Abschluß stehen“, erklärte DAG-Gewerkschaftssekretärin Karin Peetz.

Nach Angaben von HBV-Sekretär Heiner Schilling ist „die Geduld der Gewerkschaft erschöpft“, nachdem es am Verhandlungstisch seit über drei Monaten keinerlei Bewegung auf Arbeitgeberseite gegeben habe. Die Urabstimmung soll bis nächsten Mittwoch laufen. Gefragt sind derzeit HBV-Mitglieder bei Brinkmann, Leffers, Quelle, Boecker und Rossmann. „Es können täglich Betriebe dazukommen“, sagt Schilling.

Eine Lohnerhöhung von 3,3 % ist nach Angaben des Gewerkschaftssekretärs „diskussionswürdig“. Nicht ausreichend seien aber die bislang im Manteltarifvertrag festgeschriebenen Regelungen für Weihnachts- und Urlaubsgeld. Außerdem stehen Karenztage und Kündigungsschutz auf dem Verhandlungsprogramm der HBV.

Die DAG sieht den aktuellen Verhandlungsstand ganz anders. „Wir müssen aufhören zu träumen“, erklärt Gewerkschaftssekretärin Karin Peetz. Das Angebot der Arbeitgeber von 3,3% liege „im Trend“: Bereits aus sechs anderen Bundesländern lägen ähnliche Abschlüsse vor. „Jetzt eine Urabstimmung durchzuführen, halte ich für unklug hoch drei“, erklärte Peetz. Sie geht davon aus, daß in der nächsten Verhandlungsrunde mit dem Einzelhandelsverband Nordsee am 2. Juli „ein Abschluß erreicht werden kann“. Wer jetzt zur Urabstimmung aufrufe, „erklärt die Tarifverhandlungen für gescheitert, und das sind sie nicht.“ Die HBV versuche erneut, „Ihre Mitglieder wie vor zwei Jahren mit unlauteren Methoden in den Streik zu treiben.“

Zuversichtlich über einen bevorstehenden Abschluß gibt sich auch der Einzelhandelsverband Nordsee. „Wir haben bislang fünf Verhandlungsrunden konzentriert und konstruktiv verhandelt“, erklärt der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes, Wolfgang Brakhane. Auch er verweist auf sechs Tarifabschlüsse „in der Größenordnung von 3,3%. Was die Erhöhung von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld angehe, könnten auch hier bereits abgeschlossene Tarifverträge Modell stehen: Erhöhung des Weihnachtsgelds von derzeit 50 auf 55% ab 1995 und ab 1996 auf 60%, Erhöhung des Urlaubsgeldes von derzeit 50% auf 55% ab 1996. mad

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