■ Mit dem Verkehrsplan auf du und du: Ja zum Verkehrsinfarkt
Berlin (taz) – Bevor sie in die Sommerfrische brausen, wollen die Bundestagsabgeordneten heute noch schnell den Bundesverkehrswegeplan absegnen. Das siebzehn Aktenordner füllende Werk wird ohne Zweifel durchgehen – schließlich haben nicht nur die Autofetischisten aus dem Bonner Verkehrsministerium daran gearbeitet. Die meisten Vorschläge für neue Straßen und Schienen kommen aus den Länderministerien. Und die SPD-Regierungen haben sich im allgemeinen mit ihren Anmeldungen nicht mehr zurückgehalten als die Amtskollegen aus den christdemokratisch regierten Ländern.
Das Straßenbauprogramm ist das größte der Nachkriegszeit. Offiziell wird es mit dem „Nachholbedarf“ des Ostens begründet. Aber wie die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen ausgerechnet hat, sollen rund zwei Drittel der 191,4 Milliarden Mark für rund 11.000 Kilometer neue Autobahnen und Bundesstraßen im Westen verbaut werden.
Zwar hat der Ex-Verkehrsminister Günther Krause immer wieder voll Stolz darauf hingewiesen, daß die Planungen für Schienenausbau mit 194,9 Milliarden Mark die Kosten für den Straßenbau übersteigen und daraus eine Bevorzugung der Bahn konstruiert. Real aber ist diese Rechnung völlig schief, weil zwar Nahverkehrsstrecken der Bahn, nicht aber Gemeindestraßen aus dem Bundestopf finanziert werden. Immerhin hat die Opposition erreicht, daß heute im Bundestag auch der Schienenbedarf als Gesetz verabschiedet wird, so wie es für die Straßen schon lange der Fall ist.
Seit der ersten Lesung vor ein paar Monaten hat sich der Bundesverkehrswegeplan nur unwesentlich verändert. Lediglich einige Projekte sind als dringlicher oder weniger dringlich eingestuft worden. Nach wie vor gelten vier neue Rennstrecken als unabdingbar: die Ostsee-, Südharz- und Thüringer-Waldautobahn sowie eine Verbindung von Kassel und Wommen. Obwohl für viele Projekte falsche Prognosen über Verkehrsaufkommen und Baukosten nachgewiesen werden konnten und die ökologischen Schäden immens sein werden, wurde kein Großprojekt gestrichen.
Der heute abgesegnete Ausbau der Verkehrswege geht von Prognosen aus, die einen wachsenden CO2-Ausstoß in den alten Bundesländern von 43 Prozent und in den neuen Bundesländern gar um 150 Prozent bedeuten wird, kritisieren die Abgeordneten von Bündnis 90/ Grünen. Damit wird das offizielle Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2005 die CO2- Emissionen um 25 bis 30 Prozent zu senken, immer mehr zur Makulatur. Die Boden-Ozonkonzentrationen dürften sogar weiter steigen. Aber davon werden vorwiegend diejenigen Kopfschmerzen bekommen, die daheim bleiben müssen. aje
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