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Ein Gauner ohne Vertrauen

■ Kaufhauserpresser „Dagobert“ durchschaut die (Polizei-) Nummer mit dem Telefon und tappt wieder nicht in die Falle

Karstadt-Erpresser „Dagobert“, der die Polizei seit einem Jahr in Atem hält, ist einfach zu schlau: Gestern ließ er wieder einmal mehr einen vereinbarten Geldübergabetermin für die 1,2 Millionen Erpressungsknete platzen. Er habe am Donnerstag nun doch keine Zeit, teilte „Dagobert“ am Morgen der Karstadt-Zentrale mit. Hatte „Dagobert“ etwa die aufgebaute Falle durchschaut?

Schon in der vorigen Woche hatte der Erpresser nämlich einen Treff in Berlin kurzfristig sausen lassen. Damals hatte die Polizei - wie die taz in Berlin aus dem Dunstkreis der „Soko-Dagobert“ erfuhr - ein Heer an BeamtInnen bereitgestellt, die den Kaufhauserpresser überwältigen sollten, sobald er dem Hamburger Kurier telefonisch die letzten Instruktionen gibt. In Berlin gab es daher kaum - aber auch eben nur kaum - eine Telefonzelle, wo keine Polizisten auf der Lauer lagen. Doch „Dagobert“ fand ein Telefon, das auf den Plänen der Fahnder nicht registriert und daher unbewacht war. Er sagte den Termin kurzfristig telefonisch ab und verschob ihn auf den gestrigen Donnerstag.

Daß „Dagobert“ nun gestern den Termin schriftlich absagte, legt die Vermutung nahe, daß er von der flächendeckenden Telefonrazzia erfahren und die Nummer mit dem Telefon durchschaut hat, die auch für gestern geplant war. Er hat offenkundig nicht nur das Vertrauen in die Polizei, sondern jetzt auch in die Telekom verloren.

Es ist bekanntlich nicht das erste Mal, daß der Karstadt-Erpresser, der vermutlich bereits einmal erfolgreich das „Kaufhaus des Westens“ um Geld erleichtert hat, geleimt werden sollte. Beim vorerst letzten realen Übergabeversuch steckte die Polizei dem Erpresser einen Bewegungsmelder in den Geldbeutel, indem sich ohnehin nur Papierschnipsel befanden. „Dagobert“ bemerkte den Beschiß, als er den Geldsack durch einen Gully aus einer Streusandkiste an sich nehmen wollte. Obwohl der Bewegungsmelder ansprang, verharrte die Polizei damals vor der Kiste: Mit einem unterirdischen Zugriff hatte sie nicht gerechnet. Motto: Wenn kein Dagobert zu sehen ist, kann auch kein Dagobert da sein. Polizeisprecher Werner Jantosch bittet nun: „Dagobert, bitte melden! Es liegt eine Nachricht bereit.“

Kai von Appen

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