: Böhmens Zeitungen unter deutscher Herrschaft
■ Tschechische Regierung plant ein Mediengesetz gegen ausländische Verleger
Prag (taz) – Im Böhmischen Wald sollen die Blätter fallen: Das tschechische Ministerium für wirtschaftlichen Wettbewerb hat angeordnet, daß die Fusion von elf regionalen Zeitungen wieder aufgelöst werden muß. Was den Minister Stanislav Bělehŕadek ganz besonders ärgert, sind die Machenschaften des niederbayerischen, der CSU nahestehenden Verlags „Passauer Neue Presse“ und seinen nach Moldau und Elbe benannten Töchtern „Vltava“ und „Labe“.
Das Verlagstrio steckt unter dem Dach der bayerischen „Hans Kapfinger GmbH“. Bělehrádek wirft dem Unternehmen vor, daß es mehr als 30 Prozent des böhmischen Zeitungsmarktes beherrsche, schreibt die englischsprachige Prague Post.
Seit 1990 nehmen die geschäftigen Passauer böhmische Blätter gleich serienweise unter ihre Fittiche. Inzwischen gehören zu Kapfingers Verlagsgruppe 20 regionale Tages- und Wochen-Titel, hinter denen sich jedoch weit mehr Einzelzeitungen verbergen. Zum Beispiel erscheint das nordböhmischen Mantelblatt Severočeské noviny mit insgesamt acht Lokalausgaben wie Denik Rozvoy, Dnešni Jablonecko oder Ústecky denik.
Ernthafte Gefahr im Verzug erkannten die Prager Wettbewerbshüter aber erst, als im Frühjahr dieses Jahres die Bayern auch noch den Dobry večer übernahmen: eine Tageszeitung für Prag und Mittelböhmen. Ein TV-Magazin und (zu 45 Prozent) die Zeitschrift Květy. vervollständigen das Imperium der Bayern, denen zu allem Überfluß auch noch vier Druckereien gehören.
Seine böhmischen Blätter soll die Kapfinger GmbH nach der samtenen Revolution zu wahren Schleuderpreisen erworben haben, einzelne Titel kosteten ihn angeblich ganze 90.000 Kronen (5.000 Mark). Die Gesamtauflage des Mediengiganten, so schreibt die Prager Zeitung Mlada fronta dnes, liegt in der Tschechischen Republik heute bei einer halben Million Exemplaren.
Der Zeitungskolonialismus – das Boulevardblättchen Blesk wird von Schweizern gesteuert – hat inzwischen eine generelle Diskussion aufkommen lassen. Die tschechische Regierung bereitet ein Mediengesetz vor, das ausländisches Kapital in tschechischen Verlagen nur als Minderheitenbeteiligung zuläßt. Tomas Niederberghaus
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