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Beil und Peitsche

■ ai: Libyens Staatschef Gaddafi droht mit Verschärfung des Strafrechts

Berlin (taz) — Der libysche Staatschef Muammar Al Gaddafi plant die Wiedereinführung schwerer Körperstrafen. Wie die Gefangenenhilfsorganisation amnesty international (ai) gestern mitteilte, forderte Gaddafi in einer Fernsehansprache Ende Juni, daß Amputationen und Auspeitschungen erneut ins libysche Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Außerdem habe er sich für eine häufigere Anwendung der Todestrafe ausgesprochen, berichtete ai.

Gaddafi soll seine vom Fernsehen übertragene Rede vor einer Gruppe von Häftlingen gehalten haben, denen er unter anderem sagte: „In Zukunft wird niemand mehr ins Gefängnis gesteckt, weil er ein Dieb ist. Die Hand des Diebs wird abgehackt, und er muß dann mit einer Hand auskommen. Stiehlt er erneut, wird ihm auch die andere Hand abgehackt.“ Prostitution und Ehebruch würden in Zukunft mit 100 Peitschenhieben bestraft und die Bestrafungen im Fernsehen übertragen. Daß Gaddafi über die Forderungen radikaler Islamisten in anderen Staaten noch weit hinausgehen will, zeigen seine Pläne im Umgang mit Alkoholkonsumenten: „Jeder, der Alkohol trinkt, sollte als feindlicher Agent angeklagt werden. Er kann mit dem Tod bestraft werden, da der Alkohol von ausländischen Botschaften oder Firmen stammt.“ Auch „Ketzer“ würden in Zukunft hingerichtet.

Strafen wie Amputation oder Auspeitschen sind im libyschen Strafgesetzbuch bislang nicht vorgesehen. Mit der Todesstrafe wird nur im Falle von Mord und schwerer Verbrechen gegen den Staat gedroht. Sie wurde — soweit bekannt — nur selten exekutiert. Nach Angaben von ai wurden 1992 erstmals seit fünf Jahren sechs Männer hingerichtet. Bei Diebstahl, Prostitution und Ehebruch können die Angeklagten bisher lediglich zu Freiheitsstrafen verurteilt werden. Bereits im April dieses Jahres hatte Gaddafi das höchste Legislativ-Organ seines Staates aufgefordert, Gesetze zu beschließen, die eine richterliche Anordnung von verstümmelnden Körperstrafen erlauben. Ai rechnet nach Gaddafis jüngster Rede damit, daß diese Strafen jetzt wirklich eingeführt werden.

Mit einer solchen Strafrechtsverschärfung verstieße die libysche Regierung gegen die allgemeine Erklärung der Menschenrechte und gegen weitere internationale Konventionen, die Libyen unterzeichnet hat. 1970 trat der nordafrikanische Staat dem „Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte“ bei, 1989 unterzeichnete die libysche Regierung das UN-Abkommen gegen Folter. Angesichts der drohenden Verschärfung des libyschen Strafrechts startete ai eine Kampagne und bittet darum, Protestbriefe an die libysche Regierung in Tripoli oder an die libysche Botschaft in Bonn zu schicken. N.C.

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