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■ Ausländer im KnastMachtverhältnisse

Mit ihren Klagen über Diskriminierung und rassistische Übergriffe stehen die ausländischen Häftlinge der Jungendstrafanstalt Plötzensee nicht allein. Am Wochenende erst besetzten Häftlinge das Dach ihrer Strafanstalt in Lübeck, um öffentlich gegen die Gewalt von Rechts zu protestieren, der sie ausgesetzt sind. Verwundern muß diese Gewalt nicht. Wenn der grassierende Ausländerhaß auch eine Sündenbockfunktion erfüllt, wenn er in der sozialen Krisensituation seinen idealen Nährboden findet, dann muß er sich den Menschen am Fuße der gesellschaftlichen Leiter zur Aufwertung ihres zerstörten Selbstwertgefühls geradezu aufdrängen. Eine Strafanstalt ist das Ergebnis gesellschaftlicher Verhältnisse. Hinter den Gittern toben sich die Machtverhältnisse dieser Gesellschaft viel unverstellter und härter aus als im Alltag.

Bei dieser Feststellung stehenzubleiben wäre freilich so zynisch wie die Reaktion des Anstaltsleiters, der von allen Vorwürfen schon gehört hat, aber die Probleme nicht überbewerten will. Die Hälfte der Insassen der Jugendstrafanstalt Plötzensee hat keinen deutschen Paß. Diese rund 200 Häftlinge sind Vollzugsbediensteten ausgeliefert, denen sie Sympathien mit Rechtsradikalismus vorwerfen. Der Rassist tritt ihnen als Vertreter des Rechtsstaats gegenüber. Mit halbherzigen Beteuerungen ist dieses Problem nicht abzufertigen. Warum setzt die Anstaltsleitung nicht die Regeln des Staates durch, in dessen Auftrag sie handelt? Warum lädt sie nicht türkische und libanesische Vertreter ein, sich in Gesprächen mit den Häftlingen einen Eindruck zu verschaffen? Daß dieses Bild düsterer ausfallen könnte als die Einschätzung des Anstaltsleiters, spricht keinesfalls gegen eine solche Einladung. Hans Monath

Siehe den Bericht auf Seite 22

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