: Schönhubers Mannen ohne Filter
Infames Doppelspiel der „Republikaner“ in Nordrhein-Westfalen um Wählerstimmen / Einer der größten Hetzer in den Landesvorstand gewählt / Soldaten stellen die Führungsriege ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs
Nein, mit dem mörderischen rechtsradikalen Terror gegen Ausländer hat Uwe Goller, Landesvorsitzender der Republikaner in NRW, nichts zu tun. Wenn es um die Täter geht, dann spricht der im Mai dieses Jahres zum Oberfeldwebel der Bundeswehr beförderte Rep-Chef von „Verbrechern, die ins Gefängnis gehören“. Daß die Reps überhaupt mit der rechten Gewalt in Verbindung gebracht werden, wertet er als „unglaubliche Dreistigkeit“ der Medien, die „in ihrer perfiden Art“ eben vor nichts zurückschreckten.
Die Reps als Opfer der Medien, mit dieser Legende sucht die Schönhuber-Partei in diesen Tagen überall in Deutschland den Boden für ein erfolgreiches Wahljahr 1994 zu bereiten. Mit der Wahrheit hat dieses Bild indes nichts zu tun. Allein in NRW belegen eine Vielzahl von Fällen, daß die Gewalt gegen Ausländer ebenso direkt aus dem Schoß der Partei kommt wie der auf vielen Rep-Flugblättern verbreitete Rufmord an Flüchtlingen, der dem Mord vorausgeht.
Am 9.3.1993 starb in Mülheim an der Ruhr der 56jährige Türke Mustafa Demiral an einem Herzinfarkt, nachdem zwei junge Männer ihn überfallen und in Todesangst versetzt hatten. Die beiden 21jährigen geständigen Täter Andre E. und Mario W. waren Mitglieder der Reps. Sie hatten den Mann zunächst umgestoßen und mit einer Schreckschußwaffe bedroht. Einer der beiden zielte danach direkt auf den Kopf des Opfers, drückte dreimal ab, ohne daß sich ein Schuß löste. Der durch zwei Herzattacken vorgeschädigte Mann erlitt dabei einen neuerlichen Herzinfarkt und verstarb. Uwe Goller, der in seinen Pamphleten davon schreibt, daß es „ehrenvoll“ sei, „das Volk vor der Überfremdung zu bewahren“, verkündete später den Parteiausschluß der beiden Mülheimer. Vor Mülheim stießen zwei andere Reps Ende vergangenen Jahres in Dortmund mit Messern zu. Wärend „einer Messerstecherei mit ausländerfeindlichem Hintergrund“, so heißt es in einem Bericht des Düsseldorfer Innenministeriums, verletzten die beiden Schönhuber- Parteigänger einen Deutschen lebensgefährlich. Und bei einer Durchsuchung der Wohnung des stellvertretenden Vorsitzenden des Kreisverbandes im ostwestfälischen Herford, Peter Schulz, im April dieses Jahres, fanden die Ermittler mehrere Waffen, 500 Schuß Munition und Propagandamaterial der NSDAP-AO und der Nationalistischen Front. Nachdem der Fund öffentlich geworden war, löste der Landesvorstand den Kreisverband auf.
Mit solchen Maßnahmen sucht die Parteispitze in NRW die Reps vom Geruch des Rechtsextremismus zu befreien. Das liegt voll auf der Linie des Bundesvorsitzenden Franz Schönhuber, der seinen Mannen schon während des Parteitages im letzten Jahr empfohlen hatte, „im Ton moderater“ zu agieren. Was die Reps in NRW darunter verstehen, zeigen die Flugblätter der Partei aus dem märkischen Kreis rund um Lüdenscheid. Nach den Anschlägen gegen Asylbewerber war in diesen Hetzschriften vom „Asylantenterror gegen Deutsche“ die Rede. „Wir Deutsche wollen nicht mehr diesen unerwünschten Personenkreis mit unserer Arbeit durchfüttern! Raus! Die sollen verschwinden! Deutschland soll deutsch bleiben!“ In einem Brief von Wnendt an „die lieben Parteifreunde“ offenbart sich die ganze Infamie der Rep- Hetze. Darin werden die Flüchtlinge als die eigentlichen Verursacher von steigenden Steuern und Abgaben gebrandmarkt.
Wnendt wörtlich: „Sie, liebe Parteifreunde, zahlen nicht nur doppelt, sondern vielfach! Und für wen? Für Neger, Zigeuner und wer immer sich auch in unser Land einschleicht...“. Für diese Ausländerhetze, die der Rep-Kreisvorsitzende in immer neuen Variationen unters Partei- und Wahlvolk bringt, hat ihm die Landespartei mit einem bombigen Wahlergebnis gedankt. Mit 166 von 220 Stimmen wählten ihn die Delegierten auf dem Landesparteitag am 27.3.1993 in den Vorstand. Wnendt bildet eine vortreffliche Ergänzung dieses illustren Gremiums, das der Landesvorsitzende und aktive Bundeswehroberfeldwebel Goller, der in internen Papieren, davon schreibt, daß „jeder Verfechter“ einer multikulturellen Gesellschaft „prinzipiell auf die Anklagebank“ gehöre, anführt.
Einsam muß sich Soldat Goller unter seinen Vorstandskollegen im übrigen nicht fühlen. Mit dem Stabsarzt des Fallschirmjägerbataillons 272 in Wildeshausen, Dr. Robert Nagels, steht ihm ein gesinnungsfestes Truppenmitglied zur Seite. Nagels, den das „Bücklingmachen“ des Bundespräsidenten vor „ausländischer Meinung“ von der CDU zu den Reps konvertieren ließ, hat sich über die politischen Ziele der Reps im Playboy in dankenswerter Offenheit geäußert. Gelänge es den Reps, die Macht zu erobern, stünde den Deutschen laut Nagels dies bevor: „Der Gedanke, das ganze Volk über das allgemeine Wahlrecht am politischen System zu beteiligen, wird wahrscheinlich nicht aufrechterhalten“.
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