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Das Vexierspiel des Ibrahim Babangida

■ Nigeria nach Babangidas „Rücktrittsangebot“: Der Präsident ist noch Präsident

Berlin (taz) – General Ibrahim Babangida war gestern immer noch Präsident Nigerias. Sein Rücktrittsangebot vor dem Parlament am Dienstag hat bisher keine Konsequenz, legt vielmehr die Taktik eines Überlebenskünstlers bloß, der immer neue Unwägbarkeiten spinnt, um die tatsächlichen Intentionen zu verschleiern. Wissen ist Macht, auch in Nigeria – und die demokratische Opposition weiß jetzt nichts und ist entsprechend machtlos.

Das politische Leben Nigerias im Endstadium der Militärdiktatur gleicht dem Endstadium eines verbissenen, ungleich besetzten Schachspiels, in dem kleine Bauernfiguren unversehens zu mächtigen Königinnen mutieren, die dann gleich wieder eingebüßt werden. Nie wurden in Nigeria so viele Politiker verheizt wie in den letzten Jahren, in jenen Scheinwahlkämpfen, Phantomräten und Hintertreppenintrigen, die als „Übergangsprozeß zur Demokratie“ galten und doch nur zur Anomie geführt haben. Nach zehn Jahren Militärdiktatur regiert in Nigeria ein Vakuum.

„Ich möchte betonen, daß es hier in Nigeria keinen Militärdiktator gibt“, rief Babangida vor seinen verdutzten Zuhörern in der Nationalversammlung am Dienstag. Was gibt es dann? Einen Präsidenten? „Nach langen Beratungen mit meinen Dienstchefs“, so Babangida, „bot ich als persönliches Opfer meinen freiwilligen Abtritt als Präsident und Oberbefehlshaber der Streitkräfte an“. Das läßt offen: Ist Babangida, der seit seinem Machtantritt 1985 von seinem Abtritt spricht, nun zurückgetreten oder nicht? Will er es noch tun oder bleibt er einfach? Die Militärführung könnte ja das Angebot, wenn es denn existiert, dankend abgelehnt haben, und dann wäre klar, daß es Babangida um Show und Spiel geht und nicht um Rücktritt. Informationsminister Uche Chukwumerije, berichtet der Londoner Guardian, erklärte, daß Babangida Präsident bliebe, während sein Pressesprecher das Gegenteil behauptete.

Nigerias zukünftige „Zivilregierung“, die mit der Annullierung der Präsidentschaftswahlen vom Juni keine Demokratie mehr sein wird, sieht also so aus: Ein Präsident, der behauptet, keiner zu sein, übergibt die Macht an eine Regierung, die es noch nicht gibt. Denn worauf Babangidas Zuhörer am Dienstag warteten – die Bekanntgabe der Zusammensetzung, Kompetenz und Amtsdauer der ab 27. August geplanten „Interimsregierung“ – erfuhren sie nicht. Statt dessen, sybillinisch: „Ich werde auch bereit sein, am Ende der Interimsregierung meine Erfahrung in Verteidigungs- und Sicherheitsfragen sowie alle staatsrelevanten Informationen weiterzugeben.“ Das Wissen, die Macht also, wird erst „am Ende der Interimsregierung“ übergeben – die Regierung selbst erfährt nichts, während die Militärjunta wie einst die Sphinx als verschwiegenes Rätsel verharrt.

Kein fähiger Politiker kann die Nominierung in eine solche „Interimsregierung“ annehmen. Was können Nigerianer also von ihren Regierenden erwarten? Babangida, der Weise: sie sollten „die gegenwärtige politische Lage als ein vorübergehendes Problem betrachten und unsere Reise bis hierher und unsere Zukunft überdenken“. Aber in Babangidas Händen liegt es nun, ob er ähnlich wie sein Kollege Mobutu in Zaire irgendwann als alleinige Personifizierung dieses „Problems“ dastehen möchte, als Universaldämon aller 90 Millionen Nigerianer.

Der Schatten der Diktatur lastet weiter auf Nigeria, das „vorübergehende Problem“ richtet sich auf Dauer ein. Moshood Abiola, der annullierte Wahlsieger, hat daraus seine Konsequenzen gezogen: Er werde bald nach Nigeria zurückkehren und als gewählter Präsident eine Regierung bilden, sagte er gestern. Zwei Regierungen – das ist wie gar keine. Und genau mit solchen Zuständen begründet Nigerias Militär immer den nächsten Putsch, das nächste Straffen der schon vorher fest angezogenen Zügel. Dominic Johnson

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