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Die Gießen-Connection

Den Leuten vom Gießener Ausländerbeirat ist es zuweilen nicht ganz geheuer. Von manchen werden sie schon als Experten in Sachen Zusammenarbeit mit der Polizei gehandelt und zwecks Erläuterung ihrer Kooperationsweise in andere Städte geladen. Ein im März dieses Jahres durchgeführtes Seminar für Polizeibeamte und AusländerInnen wurde zum „hessenweit einzigartigen Pilotprojekt“ erkoren. Alle sind voll des Lobes, und das macht sie stutzig, weil doch eigentlich nicht viel mehr geschehen war, als daß viele Gespräche geführt wurden und man sich hierbei etwas nähergekommen ist. Auf höherer Ebene kursiert diese Annäherung schon unter der Bezeichnung „Das Gießener Modell“, was zugleich offenbart, wie wenig Vergleichbares sich tut.

Angefangen hatte alles mit Beschwerden, zumeist von dunkelhäutigen oder anderen allzu augenfälligen AusländerInnen. Die häufigsten Klagen bezogen sich auf penetrante Ausweiskontrollen an jeder Ecke und auf die schikanöse Behandlung durch Polizeibeamte im Zuge dieser Routinehandlung. Einem Afrikaner war der Paß nach der Kontrolle mit abfälligen Beschimpfungen ins Gesicht geworfen worden. Andere, die ihren Ausweis nicht dabeihatten, waren in Handschellen zur Wache geführt worden. Der Ausländerbeirat trug diese Beschwerden beharrlich zur Polizeileitung und stieß dort auf einen rührigen und aufgeschlossenen Präsidenten, dessen Einsatz für eine moderne, bürgernahe Polizei das Anliegen des Ausländerbeirates erleichtern sollte.

Aus den Einzelfallabwicklungen wurden allmählich Gespräche über Maßnahmen zur grundsätzlichen Bewältigung der immer wiederkehrenden Probleme. So kam es zunächst zur Ernennung von sogenannten Vertrauenspersonen für AusländerInnen bei der Polizei, eine Art Clearingstelle für zukünftige Klagen, aber auch mit positiver Wirkungsvorgabe ins Innere der Behörde. Die nun bestehenden guten Kontakte wurden auch genutzt für die Durchführung eines Streitgespräches der afrikanischen Gemeinde Gießens mit Polizeibeamten. Es ist allen Beteiligten als lebhafte und spannende Aufarbeitung von Konflikten und Mißverständnissen äußerst positiv in Erinnerung geblieben.

„Das Gießener Modell“ wurde nicht aufgrund wissenschaftlicher Expertisen ausgetüftelt. Es wurde von Pragmatikern in die Wege geleitet, die den kürzesten Weg nahmen und „aufeinander zugingen“, im Vertrauen darauf, daß im Dialog, mit Informationen und dem Abbau von verkrusteten Klischees einiges gemildert werden kann. Wie richtig sie damit lagen, bewies nicht zuletzt das besagte Seminar. Drei Tage lang konnten Polizeibeamte Wissenslücken füllen über Ein- und Zuwanderung, Grundzüge des Ausländer- und Asylrechts, Sozialisation und Alltagskultur der muslimischen Minderheit in Deutschland. Anschließend konnten sie sich mit AusländerInnen über Konfliktpotentiale zwischen Polizisten und Ausländern und Strategien zur Konfliktvermeidung und -bewältigung streiten oder auch einig sein. Um an dieser Stelle fairerweise auch mal die Sicht der Beamten zu Wort kommen zu lassen: Schlechte Erfahrungen mit Polizei, Justiz und Militär, die AusländerInnen in ihren Heimatländern machen, werden leicht auf die deutsche Polizei übertragen. Aber auch der ständige Kriminalitätsverdacht, der Ausländern in der Regel entgegengebracht wird, sorgt für ein besonderes Mißtrauen bei der Polizei.

Auch das Seminar war ein voller Erfolg, Fortsetzungen sollen folgen.Sadullah Güleç

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