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Ist was? War was? Nix war.

Die Brandenburger SPD mogelte sich beim Landesparteitag um eine schonungslose Aufarbeitung ihrer Krise herum / Gastredner Scharping strichelte am Bild der Wahljahrs-SPD  ■ Aus Seelow Anja Sprogies

Der Lack der brandenburgischen SPD habe diesen Sommer „erste Kratzer“ bekommen. Dies räumte Steffen Reiche, der Landesvorsitzende der SPD in Brandenburg, auf dem Landesparteitag in Seelow ein. Das war's auch schon in Sachen Selbstkritik. Drei Monate vor den Kommunalwahlen setzte der smarte Genosse vergangenen Samstag auf Harmonie. Auch bei den Delegierten stand Kritik nicht auf dem Programm. „Wir sind doch eine große Familie“, meinte ein Mitglied aus dem Unterbezirk Havelland. Und mit Übervater Stolpe wird eben nicht diskutiert, geschweige denn gestritten.

Trotzdem – Affären und Skandale bot die brandenburgische SPD diesen Sommer am laufenden Meter. Erst sackte der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Stefan Körber, unberechtigt Fördermittel für die Installierung seiner Heizung ein. Dann ließ sich Bauminister Wolf von einem Stasi- Mann unentgeltlich ein See- Grundstück vermitteln, was ihn, trotz Stolpes anfänglicher Rückendeckung, den Stuhl kostete. Schließlich reihten sich bei Innenminister Ziel polizeiliche Pannen an diffuse Äußerungen in Sachen Kommunalfinanzen.

Die Schuld an dem desolaten Erscheinungsbild seiner Partei war für Reiche schnell ausgemacht: die Medien. „Das Papier muß bedruckt werden, auch wenn nix ist.“ Ist was? War was? Nix war. Reiche sprach in seiner Rede vielmehr von einer „guten Zusammenarbeit“ zwischen Stolpe, Partei und Fraktion. Zudem stelle sich die Partei natürlich voll und ganz hinter Körber und Ziel. Und ein guter Rat zum Schluß: „Die Bürger und die Journalisten erwarten von uns ein völlig untadeliges Verhalten. Und sie haben recht damit.“ So einfach ist Politik im Lande Brandenburg.

Daß es doch einige Probleme gibt, mußte Reiche zugeben, als er auf die Vorbereitungen zur Kommunalwahl am 5. Dezember zu sprechen kam. Es bestehe „gegenwärtig die reale Gefahr“, daß in vielen Gemeinden keine Kandidaten zur Verfügung stünden. In diesem Zusammenhang warb er für eine parteiübergreifende Initiative zur Kandidatenaufstellung.

Es folgten politische Absichtserklärungen und Kampfansagen gegenüber der Bundesregierung. Der SPD-Landeschef kündigte in seiner Rede an, den jüngst beschlossenen Sparmaßnahmen der Bundesregierung, vor allem im Bereich des Arbeitslosengeldes, nicht zuzustimmen. „Nicht in Brandenburg, nicht im Bundesrat und auch nicht im Bundestag.“ Vielmehr forderte der Landesvorsitzende eine Ausweitung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente und die Einführung einer allgemeinen Arbeitsmarktabgabe, besonders von „Beamten, Ministern, Abgeordneten und Selbständigen“.

Die Delegierten reagierten auf Reiches Rede mit nur mäßigem Beifall. „An einigen Stellen hätte der Vorsitzende ruhig offensiver werden können“, meinte der Potsdamer Landrat Norbert Glante. Vielen Basisvertretern schien es aber ganz recht zu sein, daß Reiche die personellen Querelen nicht in den Vordergrund des Parteitages rückte. „Wir haben in den Kommunen doch ganz andere Probleme“, meinte ein Delegierter. Trotzdem erwarte man sich von Ministerpräsdent Stolpe in Zukunft mehr Führungsautorität, fügte das SPD- Mitglied hinzu.

Mit viel Beifall wurde die einstündige Rede des neuen SPD- Bundesvorsitzenden Rudolf Scharping von den brandenburgischen Delegierten aufgenommen. Scharping sparte in seiner Rede die speziellen Probleme Brandenburgs aus. Einen Pakt zur Sicherung der Zukunft Deutschlands forderte er: „Und daran müssen alle beteiligt werden.“ In dem Pakt sollte vorrangig ein sozialer „Lastenausgleich“ enthalten sein, der die Leistungsfähigen in der Gesellschaft gegenüber den sozial Schwächeren in die Pflicht nehme. Scharping appellierte an die CDU- Ministerpräsidenten der neuen Länder, im Bundesrat gegen die Bonner Sparpläne zu stimmen. „Die Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen müssen jetzt unter Beweis stellen, ob ihnen die Interessen ihrer Bürger oder der Wille ihres Parteifreundes, Bundeskanzler Kohl, wichtiger sind.“ Scharping schlug anstelle von Kürzungen im Sozialbereich Einsparungen im Militärhaushalt vor. Weiterhin setzte er sich für eine Verdoppelung der Erbschaftssteuer und für die uneingeschränkte Ahndung des Steuer- sowie Subventionsbetruges ein.

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