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■ Tour d'EuropeParagraphen-Tümmler

Das Fischereirecht gehört zu den kompliziertesten Rechtsvorschriften. Wer wann wo wieviel fischen darf – diese Frage führt ständig zu Konflikten. Das beginnt bei den Kompetenzen: Eigentlich ist der Fischfang Gegenstand öffentlichen Rechts. Da jedoch vor allem der Fang in Küstengewässern in vielen Ländern (so auch in Deutschland) an Dritte übertragbar ist, gilt auch das Privatrecht. Die Hochseefischerei ist in Deutschland bundesrechtlich (im Grundgesetz!) geschützt, die Binnenfischerei regelt Länderrecht, dazu können noch kommunale Bestimmungen sowie Auflagen der Umweltschutzämter kommen.

Auf hoher See darf im Prinzip jeder fischen – eingegrenzt wird dieses Recht jedoch durch internationale Abkommen. Küstennah ist der jeweilige Uferstaat zuständig. Wie weit der den Begriff „küstennah“ ausdehnt, ist keiner Norm unterworfen. Die Genfer Seerechtskonvention von 1958 bestätigt das Recht der Küstenstaaten, für ihre Gewässer einseitige Regelungen zu treffen. Das führte in den siebziger Jahren zum Fischereikrieg: Damals dehnte Island seine Viermeilenzone zunächst auf zwölf, dann auf fünfzig und schließlich auf zweihundert Seemeilen aus, England und die Bundesrepublik hielten sich nicht daran. Daraufhin schnitten die Isländer mit speziell ausgerüsteten Kielschwertschiffen den unerlaubt fischenden Kuttern die Taue durch, an denen die – oft mehrere hunderttausend Mark teuren – Netze befestigt sind. Das Fanggerät sank unwiederbringlich auf den Ozeanboden. England konterte mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen, die BRD mit lautem Wehgeschrei. 1976/77 wurde schließlich ein Kompromiß gefunden, der Ausländern ein sehr beschränktes Fangrecht in isländischen Gewässern einräumt.

Konnten die sizilianischen „Mattanza“-Fischer früher im Juli/ August mindestens zehntausend Tonnen Thunfisch an Land ziehen, so schaffen es heute nur noch ein paar hundert Exemplare bis ins mittlere Mittelmeer. Der Rest wird durch (vielfach japanische) Bomben- und Dynamitfischer im Atlantik umgebracht. Deshalb sind die Italiener, ansonsten nicht von Tierschutzeifer geplagt, für eine massive Durchsetzung der Verbote zum Sprengstoffeinsatz. Auch die Anwendung sogenannter „Spadare“ ist bereits mehrmals streng verboten worden: in diesen bis zu fünfzig Kilometer langen Netzen verfangen sich nicht nur die gesuchten Schwertfische, sondern auch Tausende von geschützten Tümmlern und Delphinen. Diesen Massenfang üben nun wieder die Italiener und Spanier gerne bis zur Ausrottung einzelner Fischarten aus.

Die Durchsetzung der Verbote scheitert vor allem an mangelnder Überwachung. Zudem weigern sich traditionelle Fischereistaaten wie Japan, Verbote zu unterzeichnen oder haben sie in jüngster Zeit, wie etwa bezüglich des Zwergwals, wieder gekündigt.Werner Raith

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