Zur Wiederentdeckung der Weser

■ „Finden Sie die Weser": Erstes Forum „Stadt am Fluß“ entwickelt Ideen für Bremen

„Die Weser ist weg. Finden sie die Weser“, so heißt ein Auftrag der Stadt an den Privatdetektiv J.B. Cool. Krimiautor Jürgen Alberts las vor der Abschlußveranstaltung des Stadtentwicklungs-Forums seine kleine Geschichte vor. Sie trifft den Kern des Problems wohl ziemlich genau: Bislang war die Weser der Stadt ziemlich egal, aber wenn da eines Tages nichts anderes als ein trockenes Flußbett läge, führe der Schreck allen in die Glieder.

In der Abschlußdiskussion des Forums „Stadt am Fluß“ wurden etliche Ergebnisse präsentiert, die in drei Workshops zusammenkamen. Das Männerpodium stellte dar, wodurch die Stadt wieder zum Fluß zurückfinden könnte: „Die Tagung versucht, schrittweise eine neue Definition von der Stadt am Fluß zu finden.“

Was die BremerInnen denn an die Weser triebe, wollte die eine Arbeitsgruppe (AG) herausfinden. „Da stellte sich die Frage, wie kommen die BürgerInnen überhaupt zur Weser?„ sagte Heidbert Bäuerle, Grünplaner aus Bremen und Sprecher dieser Gruppe. Sie sollten die „flußorientierten Freiräume“ über ihre Wohnquartiere erreichen können, oder zum Beispiel mit einer Schiffahrtslinie, die längs der Weser geht. Auch ein Weser-Busprojekt sei denkbar, referierte Bäuerle. Das Radwegenetz längs der Weser müßte enorm verbessert werden, hatte seine Arbeitsgruppe herausgefunden. Zu den utopischen Plänen rechnete er die Idee, das Wasser „sinnlich mit unterschiedlichen Aktionen einzubeziehen“, denn für das Wasser müßte wieder ein Bewußtsein geschaffen werden.

Die zweite Arbeitsgruppe hatte sich über „Neuen Städtebau in der Weserlinie“ Gedanken gemacht. Dabei hielt sich die Kritik am Teerhof in Grenzen. In anbetracht dessen, daß es sich hier um einen Kompromiß — je zu einem Drittel Wohnungen, Geschäfte und Kultur — handele, referierte Manfred Schomers, Bremer Architekt, könne der Teerhof mit vergleichbaren Projekten durchaus mithalten. Der Funktion eines Bindeglieds zwischen Neu- und Altstadt würde es aber nicht gerecht. Die Anbindungen wirkten eher wie eine Barriere. „Die historischen Verbindungen zur Lebensader sind verschüttet“, sagte Schomers.

Eberhard Kulenkampff, jetzt GEWOBA, einst Staatsrat „Bau“, gab die Ergebnisse seiner Arbeitsgemeinschaft zum Thema „Die Weser und die ökonomische Zukunft Bremens“ eindrucksvoll wieder. Er bemängelte zunächst, daß in der Arbeitsgruppe Vertreter von Hafensenator und Bürgerschaft fehlten. „Trotz kontroverser Diskussion“ sei man zu dem Konsens gekommen, daß Bremen auch in Zukunft Hafenstadt bleibe und sich dem harten Konkurrenzkampf stellen müsse. „Die Hafengebiete sind sui generis Dienstleistungsbereiche“, führte Kulenkampff aus. Büro, Computer, Steuerungen hätten heute bereits ihren Platz gefunden. Wichtig sei vor allem, diese Arbeitsplätze zu sichern und zu qualifizieren. Über Wohnen im Hafengebiet sollte man sich nicht schon jetzt Gedanken machen, mahnte Kulenkampff. Es dürfe nicht zu dem fatalen Umkehrschluß kommen, daß Arbeitsplätze im Hafen durch Wohnen gefährdet würden. Die Arbeitsgruppe stellte eine Forderung an Bürgerschaft, Senat und Wirtschaft: „schnell ein Verfahren und einen Weg zur gemeinsamen Lösung der Probleme zu finden und öffentlich Rechenschaft darüber abzulegen.“ Kulenkampff weiter: „Wir können nicht davon ausgehen, daß Europa wartet, bis Bremen in die Puschen kommt.“

Das Häfenressort bekam Schelte von allen Seiten. Ralf Fücks, Umweltsenator, wunderte sich, „warum diese Diskussion so stark abgewehrt wird von Kräften, ohne die es gar nicht zu bewegen ist.“ Man müsse nun versuchen, die auf dem Forum geborenen Ideen auch umzusetzen, folgerte Fücks, und hofft, daß sich die Realisierung durch eine „Dynamik über Schlüsselprojekte“ ergibt. Fücks plädierte für die Gründung eines Bürgerforums, in dem Ideen weiterentwickelt werden und die BremerInnen sich an der Gestaltung mitbeteiligen.

Ein Bürger aus dem Sanierungsgebiet Gröpelingen wurde zum Schluß ob der vielen Worte über die Ökonomie der neuen Stadtgestaltung ungeduldig: „Ich will an den Fluß, das ist alles.“ Vivianne Agena