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Kein Herz für Kids

■ Geschwistern droht Ausweisung, obwohl die Mutter in Hamburg lebt

Hamburgs Ausländerbehörde schreckt in ihrer konsequenten Abschiebepolitik nicht einmal vor der Ausweisung von Kindern zurück: Jüngster Fall: Die 16jährige Sandra und ihr 10jähriger Bruder Mario sollen in ihr Heimatland Kolumbien zurückkehren, obwohl ihre Mutter Blanca Rubiela inzwischen mit dem deutschen Biologen Martin V. verheiratet ist und drei weitere Kinder aus dieser Ehe hervorgegangen sind.

Zwei Kinder brachte Blanca Rubiela in Kolumbien zur Welt. Beide stammen aus einer Vergewaltigung, der Aufenthalt der Väter ist unbekannt. Martin V. nahm die Kinder auf, als wäre es seine eigenen, heiratete Blanca. Mit ihr hat er mittlerweile drei Kinder: Mayke (8), Sebastian (2) und Sebastian (3 Monate). Die siebenköpfige Familie lebt in Eidelstedt.

Als die Familie nun für Sandra, die seit zwei Jahren in Deutschland lebt und in die Schule Telemannstraße geht, offiziell einen Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung stellten, lehnte die Ausländerbehörde das Begehren ab. Begründung: Wenn nicht beide Elternteile in Deutschland leben, braucht die Behörde kein Aufenthaltsrecht zu gewähren.

Aber damit nicht genug: Nunmehr flattete der Familie ein Schreiben ins Haus, in der die Ausreise gefordert wird. „Sollte das Kind nicht bis zum 15. 11. 1993 ausgereist sein, wird ihm hiermit die Abschiebung nach Kolumbien angedroht.“ Und das, obwohl Blanca Rubiela - besser Blanca V. - für Sandra und Mario das alleinige Sorgerecht hat.

Für Sandra und Mario wäre die Abschiebung eine Katastrophe. Martin V. zur taz: „Wo die dann hin sollen, weiß der Teufel.“ Und Blanca V.: „Damit ich diese beiden Kinder gebar, vergewaltigte man meinen Körper, und nun in der Fremde wollen sie meine Familie und mein Herz vergewaltigen. Sie wollen mir meine beiden Kinder wegnehmen, obwohl sie wissen, daß sie niemals einen anderen Vater hatten, als den Mann, mit dem wir jetzt zusammenleben.“

Die Ausländerbehörde bleibt dennoch hart, begründet ihre Haltung mit Formalismen. Chef Ralph Bornhöft: „Die Kinder haben bei der Einreise kein Visum beantragt und damit gegen das Ausländergesetz verstoßen. Ich kann doch nicht vom Gesetz abweichen.“

Bornhöft macht aber Hoffnung, „auf der Basis eines Visumsverfahrens“ eine Lösung zu finden: „Die müßten notfalls nach Kolumbien fliegen und über die Deutsche Botschaft ein Visum beantragen.“ Wenn für die beiden Kinder in Hamburg Wohnraum vorhanden und der Unterhalt gesichert ist, so Börnhöft, „wird die Ausländerbehörde mit Sicherheit einem Aufenthalt zustimmen.“ Kai von Appen

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