piwik no script img

Jagd auf Radfahrer

■ Anti-Auto-Demonstration aufgelöst

Jagdszenen der übelsten Art spielten sich am Donnerstag an der Alster ab: Polizei-Jeeps hetzten die TeilnehmerInnen einer Fahrrad-Demo durch die Stadt, rasten im Slalom durch die Radelgruppe und zerrten bei Tempo 40 aus dem Auto heraus einen Fahrradfahrer im Würgegriff von seinem Gefährt.

Zum dritten Mal hatten die Militanten RadlerInnen zur Horner-Kreisel-Demo aufgerufen, um gegen den Autowahn zu protestieren. „Alljährlich 11.000 tote und 400.000 verletzte Menschen, Tiermorde und -verkrüppelungen, Umweltzerstörung und Lärm: AutofahrerInnen, Ihr tobt Euren Autowahn auf unseren Rücken aus“, hieß es in dem verteilten Flugblatt.

100 RadlerInnen machten sich mit Pfeifen und Tuten von der Sternschanze aus auf den Weg in den Hamburger Osten. Begleitet wurden von einem starken Polizeiaufgebot. Im gemütlichen Tempo erreichten die RadlerInnen den Horner Kreisel und durften dort zwei Runden drehen, ehe eine Hundertschaft Polizei die Fahrbahn wieder freidrängelte.

Auf der Rückfahrt hatten die Beamten es eilig: Jede Kreuzung war abgeriegelt, und per Lautsprecher wurde zur Eile gemahnt. Als die Demo die Sechslingspforte erreicht hatte, erklärte die Polizei sie für aufgelöst und begann, die FahrradfahrerInnen vor sich her zu treiben. Diese versuchten hingegen, geschlossen zur Sternschanze zurückzukommen. Mit Blaulicht und Martinshorn kurvten die Polizeiwagen um die RadlerInnen herum und bremsten sie in halsbrecherischen Manövern aus. Auch die Autofahrer auf der Gegenfahrbahn staunten über die polizeilichen Aktionen: „Das ist doch lebensgefährlich! Jeder normale Autofahrer kommt wegen so Aktionen ins Kittchen“, schimpfte ein LKW-Fahrer. Ein Rentnerehepaar auf dem Fußweg : „Stasi-Methoden!“

Höhepunkt des grün-weißen Treibens: Aus einem fahrenden Polizei-Kleinbus heraus wurde ein Radfahrer bei Tempo 40 in den Würgegriff genommen, ins Autofenster gezerrt und geschlagen. Polizei-Pressesprecher Jantosch wollte das Geschehen gestern nicht kommentieren. Er versicherte lediglich, daß die Geschwindigkeit des Wagens „nicht überhöht“ gewesen sei. jes

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen