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Krankenhaus füttert Ratten

■ Seit Jahren kippt die Küche des Krankenhauses Speisereste in die Kanalisation / BEB: „Sowas ist nicht erlaubt“

Ab Montag müssen die Ratten in Peterswerder den Gürtel enger schnallen. Denn mit dem 20.September will das Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße die Fütterung der Nagetiere einstellen. Über Jahre hinweg wurden in der Küche des Krankenhauses gegen die einschlägigen Entwässerungsvorschriften Küchenabfälle direkt in die Kanalisation gekippt.

Seit „unendlichen Zeiten“ wird ein Teil der Speisereste so entsorgt. Das schreibt die Zeitung „Heißer Draht“ des Personalrats im St.-Jürgen-Krankenhaus. In der Ausgabe vom 19.August heißt es, der „Drang“ (die Speisereste) werde „in eine Maschine gekippt, mit viel Wasser vermischt und in die Kanalisation geleitet. Die Entsorgung ist nicht sehr sauber, sie ist äußerst unhygienisch, die Arbeit ist unzumutbar, sie ist wegen des verwendeten Gerätes sogar gefährlich. Und die Speisereste einfach in die Kanalisation? Naja. Aus den Augen, aus dem Sinn.“ Auf Nachfrage beim Personalrat hieß es allerdings, der „Heiße Draht“ sei eine interne Zeitschrift des Personalrats. Kein Kommentar.

Auch Hans-Jürgen Marschhausen, stellvertretender Leiter der Zentralküche, hat dazu nichts zu sagen. „Am Telefon schon gar nicht.“ Doch Walter Bremermann, Verwaltungsdirektor des Krankenhauses, bestätigt die Informationen des Betriebsrates: Grundsätzlich gingen Speisereste zur Wiederverwertung, etwa 400 Liter davon würden in der Woche von einem Bauern zur Schweinemast abgeholt. Eine Dunkelziffer, „vielleicht die Hälfte davon“, wandere kleingehackt über den Bodenauslaß in der Küche in die Kanalisation. Dabei handele es sich um Speisereste „aus dem stationären Bereich“ — also die Lebensmittel, die von den Patienten in die Küche zurückkommen. Als er den Posten des Verwaltungsdirektors vor fünf Monaten angetreten habe, habe er diese Regelung schon so vorgefunden, sagt Bremermann. Er wisse, daß Speisereste nicht in die Kanalisation gehörten, deshalb sei mit dem Bauern vereinbart, ab dem 20.September alle Speiseabfälle mitzunehmen. Er kenne allerdings „keine definierte zwingende Vorschrift“, die dieses Verhalten verbiete.

„Abfälle in die Kanalisation — sowas ist nicht erlaubt“, meint dagegen Jörg Broll- Brickhard von den Bremer Entsorgungs-Betreiben (BEB). „Flüssige Abfälle gelten nicht als Abwässer, diese Art der Beseitigung verstößt gegen das Entwässerungsortsgesetz.“ In allen Großküchen gebe es spezielle Abscheider, die die Speisereste aus den Geschirrspülmaschinen filterten. Deren Umgehung durch direkte Einleitung sei nicht in Ordnung, meint Broll-Brickhard. Speisereste in den Kanälen seien ein Problem für die Kanalbetriebsleute der BEB — wegen der Rattenfütterung und den Ablagerungen in den Klärwerken. „Das größere Problem sind aber eigentlich die diffusen Belastungen durch chemische Stoffe im Abwasser. Es ist manchmal nur eine schlechte Gewohnheit, Reste in die Toilette zu werfen.“

„Hygienisch belanglos“ lautet auch die Auskunft aus dem Hauptgesundheitsamt (HGA) zum Thema Essensreste in der Kanalisation. Schwieriger sei das sekundäre Hygiene-Problem durch die Vermehrung der Ratten. „Wir haben als Hafenstadt ohnehin mittelschwere Probleme mit Ratten, weil die die Feuchtigkeit lieben“, sagt Amtsleiter Heinz-Jochen Zenker. „Wenn die punktuell Futter finden, zieht sie das natürlich an.“ Er kann nur dringend davon abraten, Lebensmittel in die Kanalisation zu werfen: „Essensreste gehören in den Restmüll.“

Bernhard Pötter

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