: Heckelmanns neue Hürde
■ Einbürgerung: Innensenator weist Standesämter an, doppelte Staatsbürgerschaft zu vermeiden / Bisher gilt liberale Praxis
Die einen setzen auf Populismus, die anderen erledigen ihre Arbeit vom Schreibtisch aus: Der SPD-Vorsitzende Ditmar Staffelt und seine Parteikollegin Jutta Limbach wollen heute Unterschriften für die doppelte Staatsbürgerschaft sammeln, derweil hat Koalitionspartner Heckelmann die Standesämter der Bezirke angewiesen, bei Eheschließungen eine doppelte Staatsbürgerschaft auszuschließen. In Berlin ist bei türkischen Antragstellern die doppelte Staatsbürgerschaft eher die Regel, obwohl sie nach deutschem Gesetz nur in besonderen Ausnahmefällen möglich ist. Nicht zuletzt dank dieser liberalen Praxis ist man in Berlin bundesweiter Spitzenreiter bei Einbürgerungen. Von den 35.000 Ausländern, die im vergangenen Jahr zu deutschen Staatsbürgern erklärt wurden, stammten allein 8.100 aus Berlin. Möglich wurde das, weil die Behörden – aus Unwissenheit über Verfahrensabläufe oder aus gutem Willen – ein Auge zudrückten. Bisher begnügten sie sich mit einer bloßen Bescheinigung, daß eine Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft beantragt ist. Als Nachweis diente ein Dokument des türkischen Innenministeriums, laut dem gegen die Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit des Herrn X. oder der Frau Y. keinerlei Bedenken bestünden.
Wie das Verfahren dann weiterging, pfiffen seit Jahren die Spatzen von den Dächern: Wer weiterhin den türkischen Paß behalten wollte, zog nach Erhalt der deutschen Einbürgerungsurkunde seinen Antrag auf Entlassung aus der alten Staatsbürgerschaft zurück oder beantragte sie erneut. Die amtlichen türkischen Stellen machten dabei offenbar gute Miene. Der Ausländerbehörde und der Innenverwaltung ist diese jahrelange Praxis nicht entgangen. Die Zahlen über die „Doppelstaatler“ kamen in den parlamentarischen Gremien zur Sprache und waren ein offenes Geheimnis.
Jetzt jedoch, so hat der Innensenator am 15. Juli angewiesen, soll nur noch eingebürgert werden, wer eine förmliche Entlassungsbescheinigung aus der türkischen Staatsbürgerschaft vorlegt. Die Innenverwaltung, so geht aus der Weisung weiter hervor, will nun auch Bund und Länder über das trickreiche Zusammenspiel zwischen türkischen Behörden und ihren Bürgern unterrichten, auf daß sie von ihrer Regierung zur (deutschen) Ordnung gerufen werden.
Beim türkischen Generalkonsulat in Berlin, so berichtet der Bund der Einwanderinnen und Einwanderer aus der Türkei (BETB), liegen derzeit rund 2.000 Anträge auf Einbürgerung vor – das Gros sicher mit der Hoffnung auf eine doppelte Staatsbürgerschaft. Nach der neuen Weisung, berichtet der BETB, bekommen auch einige längst eingebürgerte Landsleute die amtliche Aufforderung zugeschickt, endlich die Entlassungsurkunde aus der türkischen Staatsbürgerschaft vorzuweisen. Für Jürgen Strohmeier, Organisator des Referendums „Doppelte Staatsbürgerschaft“, zeigt Heckelmanns Weisung, wie notwendig eine Gesetzesänderung ist, die einen klaren Rechtsanspruch auf doppelte Staatsbürgerschaft sichert. Es sei skandalös, daß die Verwaltung sich an der aktuellen Diskussion ausgerechnet mit der Rücknahme einer liberalen Regelung beteilige, die sich seit Jahren bewährt habe. Vera Gaserow
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