Mit Großmutter „Anna“ über Berlin

■ Der größte einmotorige Doppeldecker der Welt fliegt noch

Seit die Alliierten die Flughohheit über Berlin abgegeben haben, fliegen ungewöhnliche Maschinen über der Stadt. Neulich ein Zeppelin, vor kurzem ein Heißluftballon und gestern ein Doppeldecker. Nicht irgendeiner, sondern der größte einmotorige der Welt, die russische Antonow II, von Fliegern liebevoll nur Großmütterchen „Anna“ genannt. Das assoziiert Gemütlichkeit und zuverlässige Behäbigkeit, eine Großmutter macht eben keine Kapriolen, angeblich ist auch noch nie eine vom Himmel gefallen. Das sagt jedenfalls Detlef Franke, Ex-Militärjournalist und Doppeldeckerexperte, der schon Hunderte von Flugstunden hinter sich hat und immer noch „Anna“-süchtig ist. In Deutschland – und das auch nur im Osten – gibt es heute nur noch 20 Maschinen dieser Art, sagt er, und die meisten davon stehen mangels Ersatzteilen in Museen.

Die „Anna“ hat eine bunte Geschichte hinter sich. Konstruiert wurde sie 1940 in Rußland, ging aber wegen des Krieges nie in Serie. Das wurde erst 1947 möglich. Bis zur Einstellung der Produktion 1962 war die „Anna“ das Transportflugzeug Nummer 1 in Sibirien. Sie konnte überall landen, mit Schwimmern auf jedem See, mit Kufen auf jedem Eis, mit Mini-Rädern auf jedem Acker, Hauptsache, die Landebahn betrug 600 Meter. Später bauten die Polen das Flugzeug in Lizenz nach, Hauptabnehmer wurde die DDR. Fallschirmspringer der NVA übten mit ihr das Besetzen feindlicher Territorien, und die LPGs ließen aus dem Bauch der Maschinen Düngemittel versprühen. Es gab aber auch eine „Salonvariante“ mit acht Plätzen, die Ost-VIPs konnten mit der „Anna“ so niedrig über das Volk fliegen, daß sie die Fernsehprogramme in den Wohnzimmern sahen. Zu Überfliegern wurden gestern Journalisten, am 25. September können es 40 Berliner werden. Das Autohaus Meklenborg verlost 40 Freiflüge. Normalen Fans bietet die Berlin Classic-Air Zehnminutenrunden für 40 Mark an. Abflug in Fehrbellin. aku