: Pieper für jeden Pieps
■ Um Baby ständig im Ohr zu behalten, können Rufgeräte nützlich sein / Doch zu große Nähe zum Kinderbett kann Elektrostreß hervorrufen
Schläft das Kind sanft oder weint es bitterlich? Mit einem Babyphone können Eltern beim Nachbarn Doppelkopf spielen und gleichzeitig ihr Kind im Ohr behalten. Abgehört werden die Sprößlinge drahtlos über Funk oder das normale Stromnetz.
Viele Eltern meinen es besonders gut. Sie stellen den Sender direkt am oder sogar im Kinderbettchen auf, um jeden Pieps mitzubekommen. Dann kann jedoch Elektrosmog dem Kind zu schaffen machen. ÖKO-TEST hat 21 drahtlose Babyphone auf Elektrosmog durch niederfrequente elektrische und magnetische Wechselfelder sowie hochfrequente elektromagnetische Wellen untersucht.
Die Meßergebnisse, die der Baubiologe Wolfgang Maes ermittelte, sind beunruhigend. Wird ein Babyphone zehn Zentimeter entfernt vom Kind aufgestellt, zeigt das Meßgerät elektrische Wechselfelder von einer Stärke bis zu 700 Volt pro Meter (V/m) sowie magnetische Wechselfelder von bis zu 9800 Nanotesla (nT). „Bei einem so starken elektrischen Feld“, sagt Maes, „leuchtet schon ein einfacher Prüfschraubenzieher auf, würde man ihn auf Babys Haut halten.“ Das Magnetfeld sei um ein Vielfaches stärker als das, welches direkt unter Hochspannungsleitungen gemessen wird. Mit zunehmender Distanz des Senders zum Baby nimmt der Elektrosmog rapide ab. In einer Entfernung von 50 Zentimetern strahlen die Sender aber immer noch magnetische Wechselfelder bis 200 nT und elektrische Wechselfelder bis 95 V/m ab.
Bei allen getesteten Babyphonen sind Kinder nicht nur dem Streß durch magnetische Wechselfelder ausgesetzt, sondern sie werden auch durch elektrische belastet. Teilweise waren die von ÖKO-TEST gemessenen Werte höher als die von Computer-Arbeitsplätzen. Die schwedische Norm MPR-2 für strahlungsarme Bildschirme erlaubt in einem halben Meter Abstand zwar 250 nT für magnetische, aber nur 25 V/m für elektrische Felder. Sie gilt nicht für Babyphone, beruht jedoch auf wissenschaftlichen Untersuchungen. Die zeigen: bei einer dauerhaften Überschreitung der Werte kann sich das Krebsrisiko erhöhen.
Funkende Babyphone strahlen zudem hochfrequente elektromagnetische Wellen ab. ÖKO-TEST ermittelte in einer Entfernung von zehn Zentimetern bis zu 1100 Mikrowatt pro Quadratzentimeter (mW/cm), bei 50 Zentimetern immer noch bis zu 50 Mikrowatt. In der Sowjetunion hatten Wissenschaftler Verhaltensänderungen an Tieren beobachtet, die dauerhaft einer Strahlung von 20 mW/cm ausgesetzt waren. Daraufhin wurde dort der Grenzwert für die Bevölkerung auf 2 mW/cm festgelegt.
Eine schwedische Studie vom Oktober 1992 weist auf Zusammenhänge zwischen Leukämie und niederfrequenten Magnetfeldern bei Kindern hin. Elektromagnetische Wellen können die Produktion das Wach-Schlaf-Hormons Melatonin reduzieren. Die möglichen Folgen reichen von Störungen des Immunsystems über Migräne und Schlaflosigkeit bis hin zu epileptischen Anfällen. Ein Absinken des Melatoninspiegels soll auch die Krebsentstehung und den plötzlichen Kindstod begünstigen.
ÖKO-TEST rät, einen Meter Mindestabstand zwischen Kind und allen Bauteilen des Babyphons, einschließlich Netzstecker und Kabel, zu halten. So besteht keine Gefahr, daß das Baby Schaden nimmt. In weit mehr als der Hälfte aller Gebrauchsanweisungen fehlt jedoch ein derartiger Hinweis. Peter Hermes
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