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Ein Mann, ein Boot Von Claudia Kohlhase

Können Männer bedrohter sein, als wenn sich eine Frau auch noch in ihre letzte Domäne schleicht bzw. drumherum spazierengeht? Also wenn sie sich an einem Sonntagmorgen in einem kleinen Park an einem kleinen See ihre kleinen Schiffsmodelle betrachtet, die dort hin- und herfahren wie große, brrm.

Brrrrrrrrrmmm: wie das saust. Wie das zischt. Wie sich richtig vorm Bug das Wasser scheidet und Schaumkrönchen auf den Wellen reiten. Und das alles im Ententeich! Ja, da lacht der Mann mit Herz und zieht eine Antenne nach der andern aus der Fernbedienung. Und ssssssst kurvt das Schiffchen rückwärts um die nächsten Enten, welche kentern. Desungeachtet brrrrrm düst die kleine Yacht zurück in den Hafen, streng genommen zum Ententreppchen.

Hier stehen wichtig die Schiffchenbauer, im Prinzip wie das Wartungsteam beim Autorennen. Denn auch hier muß nach gezogener Bootsrunde das ein oder andere Entengrützbüschelchen aus dem Schiffsschräubchen geholt werden. Oder es ist zu fachsimpeln über die fintenreiche Arbeit zu Hause als modellhafter Schiffsingenieur.

Und da kann sich hier das Fräulein ruhig mal anhören, wie der Mann sich auch daheim bewährt in der akkurat ausgenutzten Freizeit. Exakt 1.300 Stunden hat zum Beispiel der mit dem Heckfänger am Heckfänger zugebracht. Aha, sage ich, wie toll, also ein Trawler. Eisiges Schweigen in der Runde; die ersten drehen ab, schauen düster in die Ferne, wo Wolken sich ballen, und lassen doppelt gründlich ihre Bötchen zu Wasser. Und jetzt werden hier aber Hebel bedient und geprescht, daß der Teich überschnappt und seine untersten Fische zuoberst kehrt. Der vertrauensselige Rest der Gruppe spricht indessen weiter und erklärt dem Fräulein den Seenotkreuzer, nach echten Werftplänen selbstgemacht! Das muß man sich mal vorstellen: Das ganze kleine Schiff fährt auch noch groß und hinaus auf See ohe! Ach, einfach alles stimmt an Bord; schon schwimmt es stolz wie Oskar hinaus aufs simulierte Meer und spritzt auch kaum, weil es ja ein Schiff mit Verantwortung ist. Und durchaus Menschen retten würde, wenn's die denn in kleinerem Maßstab gäbe.

Zum Spaß führt sein Herrchen für das Fräulein jetzt mal eine Rettungsaktion durch: Da wird gestoppt, gekreiselt, aufgedreht und in der entferntesten Teichecke die Rettung bewerkstelligt. Leider sieht man dadurch fast nichts, aber es muß enorm schwierig sein: Punktgenau ist der Haken dem Opfer zuzuführen, welches spätestens jetzt ertrinken würde. Denn auch die Schiffskollegen wollen sich bewähren und preschen wie zu Hilfe von allen Seiten, so daß eine kleine Flutwelle das Überleben im Teich untergräbt.

Müde vom vielen Schäumen kehren sie danach heim wie heldische Schwäne und zu uns (!) in den Heimathafen. Ein Schlepperchen macht den Weg frei von Grütze; vom andern Ufer startet ein U-Bötchen und spioniert die Bastelleistungen unserer Crew aus: Schließlich ist bald großes Schaufahren in der Stadthalle!

Haben Sie alles gesehen, sagt der vom Seenotkreuzer, hebt seinen Kleinen zärtlich hoch, schenkt ihm ein frisches Fähnchen und schickt ihn erneut auf Fahrt. Ach, sage ich, darf ich auch mal am Hebel ziehen? Die Sonne lacht.

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