Ferien mit Tante Ingeborg Von Uli Exner

Friedrichs? Nicht da. Boenisch? Nicht da. Fürstin Gloria? Glänzt durch Abwesenheit. Gunter Sachs? „Noch-nicht-mal-der-Also-wirklich-das-macht-keinen-Spaß-hier-Und-dann-di ese-Preise-hier-nee-nee-Aber-guck-mal-da-Ist-das-denn-nicht?“ Es ist nicht. Tante Ingeborg kann einem wirklich leid tun.

Nicht ein einziges bekanntes Gesicht hat sie ausmachen können in Kampen. Trotz erheblicher Investitionen für Kaffee, Kuchen, Hausmarke – „Haben-Sie-keinen-Eierlikör?“ Kein einziger Promi. Nicht im Gogärtchen (dreiunddreißigmarkvierzig), nicht im Rauchfang (Neunundvierzigzehn) und erst recht nicht in der Kupferkanne (sechsunddreißigsiebzig – „Machen-Sie-Siebenunddreißig-der-Rest-ist-für-Sie“).

Fünf Tage Sylt – angesichts dieser Enttäuschung ist der Flop programmiert, jedenfalls für die Tante. Da hilft auch der kleine Abstecher zu Buhne 16 nichts. „Ach-nö-so-nackig-da-kann-man-ja-nun-gar-keinen-erkennen-Die-sehen-ja-al le-gleich-aus-Diese-Bäuche-und-wie-das-alles-schwabbelt-Guck-mal-der-da- Fast-wie-mein-Herbert-Dem-würd'-ich-ja-was-erzählen-Ist-das-nicht-die-vo nner-Tagesschau?“ Wieder daneben. Arme Tante Ingeborg.

Dabei hatte sie sich richtig schick gemacht heute morgen. Fußnägel rotlackiert, goldfarbene Sandälchen übergestreift, den letzten Rest Mallorca-Bräune mit Hildegard-Breukmann-Karotin-Creme aufgefrischt, dazu den beigen Hosenanzug, Sonnenbrille, Goldklunker, wirklich sehr adrett, die Tante.

Nur leider nicht so recht zu unterscheiden von gut zwei Dutzend anderer älterer Damen, die an diesem Morgen ebenfalls aufgebrochen sind, um Kampens Prominenz zu beaufsichtigen und die sich mangels passender Objekte nunmehr ... „Wie-sieht-die-denn-aus-Unmöglich-diese-Leute-die-ständig-ihren-ganzen-S chmuckkasten-spazierentragen-Sowas-von-aufgedonnert-Wie-finsten-das?-Ist -bestimmt-alles-nur-geliehen-Wie-die-schon-geht.“ Tante Ingeborg besteht auf dem vorzeitigen Abbruch der Operation Kampen, Rückkehr ins traute Wenningstedt.

Mangels Sylt-üblichem Cabrio – „Wieso-habt-Ihr-denn-sowas-nicht-Also-ich-hätt'-ja-gern-mal-n-Mercedes-m it-Klappdach-Aber-mein-Herbert-erkältet-sich-ja-immer-so-schnell“ – bietet sich zu diesem Zweck entweder der Bus oder ein romantischer Strandspaziergang mit Tante an.

Die entscheidet sich für letzteres, drückt mir Tasche, Goldsandälchen, Schmuckkasten und Leysieffer-Pralinentüte (“Och-nur-son-paar“) in die Hand. Und stapft los. „Nun-komm-schon-Um-vier-müssen-wir-in-Wenningstedt-sein-sonst-verpassen- wir-die-Meerwasser-Ausgabe-Guck-mal-da-drüben-die-mit-der-roten-Badekapp e-Ist-das-nicht....“