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■ Filmstarts à la carteEin Kleidchen von Laura Ashley für Camille Paglia!

Bevor wir in die Details gehen: Bedenken Sie, daß da draußen ein Frühling prangt und tobt, der es in sich hat. Es gibt sehr viele Dinge, die man bei einem solchen Wetter tun könnte, nur wenige davon möchten wir Ihnen hier beigesellen, falls Ihnen da was bewußtseinsmäßig weggerutscht sein sollte: Sie könnten also zum Beispiel Kienäppel sammeln. Von einem Straßentelephon aus leichtsinnige Dinge säuseln. Bötchen fahren. Leicht bekleidet und mit einer Hawaii-Blume im Haar durch die Nachbarschaft eilen und dabei „seht nur, die vielen reifen Früchtebrötchen!“ rufen. Einige Dinge mit Mutter klären, bei einer schönen Berliner Weißen im Gartenlokal am Hermannplatz. Im Abendlicht auf der Kottbusser Brücke stehen und eine schöne Wurst essen. Noch mal über alles nachdenken. Tante Schaluppkes armen alten Rücken mit wohlriechenden Essenzen einreiben. Vorwitzige Bemerkungen verstreuen. Chinesische Kußtechniken ausprobieren: Fünfhundert Millionen Chinesen haben damit jahrtausendelange Erfahrungen gesammelt und können nicht irren.

Wenn das alles jetzt nichts gefruchtet hat und Sie hartnäckig darauf bestehen, in dunkle Säle zu eilen, in denen Menschen husten, rascheln, dazwischenreden und einem ihre Käsemauken zwischen den Sitzen entgegendrängeln, so möchten wir Sie auf drei aparte kleine Filme von Detlev Buck aufmerksam machen, welche einerseits Hopnick und andererseits Rolle Duschen und Schwarzbuntmärchen heißen. Buck selbst gibt sich die Ehre als wortkarger Grenzer einer schon jetzt komplett archaisch erscheinenden Grenzübergangsstelle bei Berlin, an der er in seinem unendlichen Grenzerüberdruß irritierte Autofahrer auf falsche Fährten schickt. Mit seinem Kollegen führt er echte Buck-Gespräche und erhält schließlich eine Einladung von einer aparten rothaarigen Dame, die ihren Geburtstag auf ihrem kleinen Bötchen zu begehen gedenkt. Er bringt ihr eine Flasche Mariacron mit – das ist für die Juppie-Aspiranten etwa so, als würde man Camille Paglia ein Kleidchen von Laura Ashley schenken.

Er trinkt ihn dann halt selbst, mit den geahnten Folgen. Zunächst tapsig-freundlich packt ihn schon bald der nur zu verständliche Impuls, dem Schnösel von einem Computerfritzen, der mit der Rothaarigen in intensivster schnöseliger Konversation sich befindet, entgegenzugrunzen: „Na, du Arsch! Wie lange wolltest du jetzt hier noch rumlabern.“ Langfristig bekommt ihm das alles nicht, es gibt auf die Nase, er bleibt im Hafen liegen, und nicht mal die U-Bahn hält mehr für ihn. Wenige Wochen später stolpert er zufällig in einen Friseurladen, und wer ist die Friseuse: na klasse, der Rotschopf. Als sie, während sie sein Haar schneidet, zärtlich rülpst, wissen wir, daß er gewonnen hat.

Jetzt habe ich so lange über diesen „Hopnick“ geredet, daß Ihnen gar nicht klarwerden kann, wie viel klasser noch das „Schwarzbuntmärchen“ ist: Aus den verschiedenen Perspektiven wird eine Kuh gefilmt, ein großes freundliches Auge, eine kräftige Kuhschulter, eine plötzliche Kuh- Ungeduld, und da rennt sie los, rennt und rennt, auf den Zaun zu, kriegt einen Schlag und galoppiert etwas erzürnt zurück auf die Wiese, wo sie, netterweise, eine Kumpanin trifft. Angetan reibt man sich die Nasen.

Auf irgendeine Weise ganz ähnlich ist der andere Kurzfilm gestimmt: „Rolle Duschen“ zeigt einfach einen knubbeligen Mann in der Schwimmbaddusche, der sich genüßlich einseift. Zu seiner großen Bestürzung kommt plötzlich eine ebenso knubbelige Putzfrau herein. Was tun? Er greift nach seiner Hose, aber da glibscht ihm die Seife weg. Er schaut sie an, sie schaut ihn an, sie hält ihm die Seife hin, aber er muß schon zu ihr kommen. Das tut er und – sie küssen sich.mn

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