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BUND: Blaulicht schadet Ihrer Gesundheit

■ Verkehrssenator Haase verspricht Lkw-Nachtfahrverbot für Brückenstraße

Die lärmgeplagten Anwohner der Brückenstraße in Mitte haben gute Aussichten, Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) gerichtlich zur völligen Sperrung des Nadelöhrs zu zwingen. Das sagte Rolf Schaffernicht vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der die Klage der Anwohner vor dem Verwaltungsgericht unterstützt. Schaffernicht stellte gestern gemeinsam mit dem Landesgeschäftsführer der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK), Herbert Mrotzeck, die Ergebnisse einer 24stündigen Schallmessung vom 21. und 22. Juni dieses Jahres vor.

Die Messung habe den auch vom Senator eingeräumten Mittelwert von 75 Dezibel bestätigt. Die erstmals gemessenen Spitzenwerte hätten aber mit bis zu 105 Dezibel deutlich höher gelegen. Eine Differenz von 10 Dezibel entspreche einer Verdoppelung des Lärms, erläuterte Schaffernicht. Die höchsten Werte würden in den Nachtstunden durch die Signalhörner von Einsatzfahrzeugen verursacht.

Zur Beurteilung der Gesundheitsgefahren meinte der Leiter der Abteilung Lärm im Umweltbundesamt, Dieter Gottlob, daß von einem D-Zug eine Lärmbelästigung von etwa 95 Dezibel ausgehe. Die Anwohner hätten also eine Belastung zu tragen, als führen jede Nacht 100 D-Züge an ihren Fenstern vorbei. Dadurch würden selbst bei geschlossenen Fenstern die Richtwerte der Arbeitsstättenverordnung überschritten. Diese Werte gingen aber davon aus, daß sich die Arbeitnehmer in ihrer eigenen Wohnung erholen könnten. Für die Anwohner erhöhe sich damit die Gefahr eines Herzinfarkts um etwa 20 Prozent.

Schaffernicht wies darauf hin, daß der Geräuschpegel nur eine Folge des Verkehrs sei. Die Luftverschmutzung soll nach dem Verkehrspolitischen Strukturkonzept (VSK), das Haase vorgelegt hat, auch im Jahre 2003 noch deutlich über den Grenzwerten liegen. Der BUND habe sich aber aus prozeßtaktischen Gründen auf den Lärm konzentriert. Dazu habe das Gericht vom Verkehrssenator bereits vor einem Jahr ein lokales Verkehrskonzept angefordert, das mögliche Alternativen zur Brückenstraße aufzeigt. Haase habe jedoch die gesetzte Frist zum 1. August verstreichen lassen und auch auf eine neuerliche Fristsetzung zum 1. November noch nicht reagiert.

Da nunmehr das VSK vorliege, sei ein lokales Verkehrskonzept nicht mehr vonnöten, sagte Haases Sprecher Tomas Spahn der taz. Gemäß einer Koalitionsabsprache werde aber ohnehin ein Nachtfahrverbot für Lkw in Kraft gesetzt, nachdem die Oberbaumbrücke nun voll nutzbar sei. Das Verfahren könne aber noch etwa eineinhalb Monate dauern, da erst noch Umleitungsstrecken festgelegt werden müßten. Die Einsatzfahrzeuge seien aber von einem solchen Verbot nicht betroffen: „Das ist das Leid, das man in einer Großstadt zu tragen hat.“ Ralph Bollmann

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