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Die eigene Stimme oder die der anderen?

■ Zum Selbstverständnis eines Hamburger Dokumentarfilmers: Fragen an Rolf Schübel

Rolf Schübel ist einer der bekanntesten Hamburger Dokumentarfilmer. Im Rauhen Haus (Horner Weg 170) werden heute ab 16 Uhr seine Filme „Das Heimweh des Walerjan Wrobel“ und „Der Indianer“ als gelungene Beispiele einer Filmarbeit gezeigt, die die „Leidensgeschichte von Menschen“ aufmerksam verfolgt. Anlaß zur Nachfrage.

taz: Rolf Schübel, in der Ankündigung zur heutigen Veranstaltung werden sie als „Anwalt derjenigen, die keine Stimme haben“ bezeichnet. Sind Sie mit dieser Formulierung einverstanden?

Rolf Schübel: Die Formulierung ist allzu plakativ auf den Punkt gebracht. Darüber erhält man gleich so etwas Sozialarbeitermäßiges. Allerdings haben politische Dokumentarfilme im weitesten Sinne, wie ich sie mache, immer noch damit zu tun hinzugucken, wo andere nicht mehr hingucken. Ob man dadurch aber zum Anwalt derjenigen wird, die keine Stimme haben, weiß ich nicht. Schließlich ist es immer noch die eigene Stimme, mit der man den Kommentar spricht.

Gibt es so etwas wie ein gemeinsames Zentrum Ihrer Filme?

Zumindest habe ich sie nie rein unter moralisch-sozialen Aspekten gesehen. Ich verstehe sie allerdings immer noch als politisch. Wenn ich etwas gelernt habe in mittlerweile mehr als 15 Jahren Filmarbeit, dann, daß man viele verschiedene Dinge ausdrücken kann und stets im Einzelfall ganz konkret nach den passenden Techniken suchen sollte, um das zu tun.

In „Nachruf auf eine Bestie“ haben Sie den Mörder Jürgen Bartsch porträtiert. „Walerjan Wrobel“ dreht sich um einen während des Zweiten Weltkriegs hingerichteten polnischen Zwangsarbeiter. „Der Indianer“ dokumentiert das Leben eines Krebskranken. Was verbindet diese Themen?

Um einen Bogen zu entdecken, ist es wohl besser, historisch zu werden. Mein erster Film, zusammen mit Theo Gallehr, hieß Rote Fahnen sieht man besser, inzwischen so etwas wie eine vergangene Fernsehlegende. Das war 1969/70 und sehr plakativ politisch. Von diesem Ansatz, direkt mit dem Finger raufzuzeigen, bin ich dann weggegangen. Zugleich entwickelte ich mich weg von vielen Hauptfiguren hin zur individuellen Geschichte jeweils eines einzelnen.

Diesen Weg sind viele gegangen.

Mag sein. Allerdings sind sehr viele dann doch eher unpolitisch geworden. Wenn Sie sich aber meinen Bartsch-Film ansehen, stellen Sie fest, daß auch in dieser individuellen Geschichte eine ganze Menge zu erfahren ist von der Bigotterie der Adenauerzeit, von repressiven Erziehungsmethoden und so weiter. Auch mein neuester Film Tödliche Begegnung ist ein politischer Stoff.

Warum geht es?

Um 2.51 Minuten Fahrt in einer Berliner U-Bahn von einer Station zur anderen. So lange brauchten ganz normale deutsche und türkische Jugendliche, die sich nicht kannten, um die Situation bis zur Messerstecherei eskalieren zu lassen. Wohlgemerkt: keine Skins. Die Vorgeschichte dieser 2.51 Minuten möchte ich erzählen.

Fragen: Dirk Knipphals

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