Unterm Strich

Günter Grass stiftet wieder. Nach dem Alfred- Döblin-Preis und einer Stiftung zur Förderung deutsch-polnischer Kulturbeziehungen kümmert er sich nun auch um das Volk der Roma. Eine entsprechende Stiftung wurde gestern in Lübeck gegründet. Neben Grass sprach dort der Präsident des Weltrats der Internationalen Romani Union, Raijko Djuric. Grass hatte die Gründung im August angeregt. Die mit 250.000 Mark Kapital ausgestattete Gesellschaft setzt sich nun zum Ziel, „Verständnis für die Eigenarten der Roma zu fördern“, meldet dpa, verschweigt uns aber, um welche „Eigenarten“ es sich da handeln könnte.

Christa Wolf gründet und stiftet zwar nichts, hat sich aber trotzdem um Völkerverständigung verdient gemacht. Für ihre „Beförderung humanistischer Verbindungen zwischen den Völkern“ nimmt sie heute in Potsdam zusammen mit ihrem Übersetzer Alain Lance den Preis der Buchmesse Bordeaux für ausländische Literatur entgegen. Auch Manfred Stolpe wird da nicht mit Applaus geizen.

Im sachsen-anhaltinischen (sagt man so?) Mühlbeck/Friedersdorf in der Nähe von Bitterfeld wurde am Wochenende offiziell das erste Buchdorf Deutschlands eröffnet. Mit einem „Festival alter Bücher“ wurden sieben (anderen Berichten zufolge: acht) Antiquariate eingeweiht, die künftig täglich geöffnet haben sollen. 25 Läden sollen bis in drei Jahren daraus werden. Mehr als 70.000 gespendete Bücher gibt es schon jetzt zu beschmökern, zu begrabbeln und zu kaufen, so daß der 2.900 rechtschaffene Seelen zählende Ort ohne Frage zu einem kulturellen Zentrum und einem touristischen Magneten werden wird. Vorbild des Buchdorfes ist das walisische Hay-on-Wye, ein kleiner Ort mit 36 Antiquariaten, den jährlich 120.000 Buchsammler und Buchjäger besuchen. Warum sollte, was in Wales funktioniert, nicht auch in Sachsen-Anhalt möglich sein?