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„Schon bist du raus“

■ Jede Menge Jobs und Diskussionen zur öffentlich geförderten Beschäftigung

Vor zwei Jahren war es soweit. Da wurde Harald Mang „arbeitslos“. „Das passiert einfach“, sagt der studierte Ingenieur und gelernte Landschaftsgärtner. Vielen in der Gartenbaubranche rund um Bremen ginge es genauso. „Schlechte Auftragslage, die Firma reduziert Personal und schon bist du raus.“ Vor einem Jahr hat der 38jährige deshalb eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme begonnen – einen ABM-Job bei einem der vielen Bremer Beschäftigungsträger, die derzeit unter dem Motto „Jede Menge Arbeit“ in der Unteren Rathaushalle ihre Arbeit ausstellen.

Satte 43 Millionen Mark gibt Bremen jedes Jahr für öffentlich geförderte Beschäftigung statt Arbeitslosigkeit aus. Die ABM-Stelle von Harald Mang läuft im Mai aus. Ein Jahr lang war er dann beim „Arbeit und Ökologie e.V.“ aktiv – und betreute mit 60 Kollegen das vereinseigene „ökologische Lehr- und Erfahrungsgelände“ in Huchting. Der Träger gestaltet außerdem Höfe von Kindergärten und Schulen ökologisch um und plant öffentliche Plätze“ – allerdings alles immer im Auftrag der Stadt.

Denn ob Öko-Projekte oder Recycling-Höfe – sie alle dürfen aus Wettbewerbsgründen nur für gemeinnützige oder öffentliche Auftraggeber wie Kirchen oder Schulen arbeiten. „Das ist eine Grauzone“, sagt der gelernte Landschaftsgärtner, der zwischen aufgebauten Rankgewächsen an seinem Stand in der Rathaushalle steht. „Was macht man, wenn jemand fragt, ob wir bei ihm zuhause die Hecken schneiden könnten?“.

Wieviel Konkurrenz zur freien Wirtschaft darf sein? Solche Fragen stehen bei der parallel zur Ausstellung laufenden Fachtagung „Herausforderungen und Chancen öffentlich geförderter Beschäftigung“ zur Diskussion. Und: Welche Beschäftigungsmaßnahmen sind zu entwickeln für die Herausforderungen des nächsten Jahrtausends? Unter dem Stichwort „Strukturwandel“ stellt sich zum Beispiel im Rathaus die neue Bremer Hauswirtschaftsagentur „Q-Rage“ vor, die Wäsche pflegt und einkauft – und den Frauen dabei gleichzeitig Qualifizierungen zur Hauswirtschafterin anbietet.

Die Männer vom ökologischen Landbau dagegen können bei ihrem Job „zum Beispiel Papiere für das Führen von Maschinen nachmachen“, erklärt ABMler Harald Mang. Nach der ABM-Zeit werden die meisten aber doch wieder „arbeitslos“ – bis auf „unsere Verwaltungsangestelle. Die hat nebenbei EDV-Kurse gemacht und hat jetzt einen Job im Reisebüro.“ Aber der „polnische Schlosser“ oder der „55jährige Türke“ – „die werden's weiter schwer haben. Ihre Meisterpapiere erkennen die Behörden nicht an. Und mit 55 Jahren will dich doch keiner mehr“, klagt der 38jährige Mang, der bald „39 Jahre wird.“ Und jetzt erstmal auf eine ABM-Verlängerung hofft. Sonst ist er eben wieder „arbeitslos“. kat

Die Ausstellung läuft bis Samstag jeweils von 11 bis 18 Uhr. Mehr zur Fachtagung in der taz-Wochenendausgabe.

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