■ H.G. Hollein: Hippisches
Die Frau, mit der ich lebe, will aktiv werden. So was ist immer gut. Daß die Gefährtin dabei an reiterliche Eskapaden denkt, schon weniger. Als loyaler Gefährte habe ich mich nämlich ein wenig in Sachen Roß und Reiter kundig gemacht, und was ich da antraf, gibt mir zu denken. So las ich etwa im „Loesdau“, dem Katalog eines gleichnamigen „Pferdesporthauses“, den Hinweis: „Gönnen Sie Ihrem Pferd an schönen Tagen viel Frischluft! Lassen Sie einfach die Stalltür offen.“ Vor Zugluft schützt dabei die „Baumwoll-Sommerdecke mit Bauchlatz und praktischer Gehfalte und weichem Webpelz-Widerristschutz“. Das wird wohl nicht die einzige Anschaffung bleiben. Beim Frühstück erwarten mich kurz über lang gewißlich Trouvaillen equestrischen Humors wie „die Pferdemotiv-Tasse“, die „wiehert, wenn man sie hochhebt“. Ich sehe die Gefährtin mir dabei schon aufsprungbereit in der Gesäßlederreithose „Husar“ gegenübersitzen. Das führt automatisch zum Thema „Frau und Hengst“, dem ein mir nicht näher bekannter Klaus Ferdinand Hempfling ein ganzes Buch abringen konnte. „Im Entgegengesetzten das Verbundene zu entdecken“ sei „des Menschen höchster Akt“, steht da. So genau will ich das gar nicht wissen. Und in „Cavallo“, dem „Magazin für aktives Reiten“, das Neueste über „Hormon-Sturm in der Rosse – Sind Stuten wirklich zickig?“ zu lesen, fand ich auch ein eher zweifelhaftes Vergnügen. Ebenso wie Teil 27 der Serie „Der Ritt um die Welt – über das Gelbe Meer nach Südkorea“, den Manfred Schulze mit seinen „Huzulen“ Panca und Puschkin zu unternehmen müssen glaubte. Das alles ist nicht geeignet, mich dem hippologischen Wollen der Gefährtin näher zu bringen. „Wohin mit dem Pferdemist?“ Darauf läuft es am Ende hinaus. Aber wie ich die Gefährtin kenne, hat sie auch daran gedacht. Ich sehe mich schon mit „Bollensammler“ und „Harke extra“ hinter dem hochherrschaftlich schaukelnden „Stern“ ihres reitendes Untersatzes hertraben.
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