: Blauer Funkenflug im Untergrund
■ Dubioser Wolkenpop und glamouröser Zitatpop: Arbeiten von Rudi Molacek und Maya Roos in der Galerie Wohnmaschine
Betritt man die Galerie Wohnmaschine, dann fällt der Blick sofort auf zwei großformatige, fröhlichbunte Gemälde, die frontal beziehungsweise linkerhand zum Eintretenden an den Wänden hängen. Nein, denkt man, das darf sie nicht tun. Sie darf nicht plötzlich wild mit dem Pinsel auf der Leinwand rumfuhrwerken. Doch glücklicher- und selbstverständlicherweise ist es nicht Maya Roos, die diese pinken und giftgrünen Farbgewitter mit dem Namen „Barocklolly“ und „Spiderwoman“ ins Werk gesetzt hat.
Rudi Molacek heißt der Mann, der für diesen dubiosen Wolkenpop verantwortlich ist. Warum der Galerist Friedrich Loock die Schweizer Künstlerin Maya Roos ausgerechnet mit Molacek, seiner „Knödelfrau“ und anderen, ähnlich schrecklichen „Quickies“ konfrontiert, muß sein Geheimnis bleiben. Nichts spricht dafür.
Denn schaut man endlich zu seiner Rechten, dann hängen da sauber, unaufdringlich, aber bezwingend zwei cleane, absolut perfekt gemalte Leinwände, wie man sie von Maya Roos kennt und schätzt. Allerdings, einen Bruch gibt es doch. Denn „SpeedDisc“ zeigt statt ihrer früheren, hochglänzenden Farbblasen, die auf einem matten monochromen Untergrund dahintrieben, streng horizontal ausgerichtete Farbfelder und -streifen. Es stellt sich heraus, das Bilderpaar ist ein Zitat. Peter Nortons altbekanntes Computerhilfs- und Festplattenaufräumprogramm sieht so aus.
Wer kennt nicht dieses ungeheuer befriedigende Gefühl, zuzuschauen, wie sich die zu Programmstart völlig chaotisch verstreuten Farbpixel zauberhaft zu langen Bändern und diese wiederum zu großen einheitlichen Farbflächen zusammenfinden? Das weiße Feld zeigt dann den freien Speicherplatz an, die braune Fläche die sauber sortierten Datensätze und so weiter und so fort. Diesen Prozeß darf man sich nun zwischen den zwei Teilen des „SpeedDisc“-Diptychon imaginieren. Links ist unsere noch unaufgeräumte Seele zu sehen, aber rechts haben wir schon klar Schiff gemacht.
Außer diesem Bilderpaar zeigt Roos noch fünf Gußbilder. Als glanzvolles Relief verläuft die grüne oder weiße Farbe über dem weißen, gelben, hellgrünen oder türkisfarbenen Malgrund. Und wie blauer Funkenflug oder gelbe Gischt bricht die Farbe des Untergrunds aus dem weißen Farbverlauf hervor.
Trotz oder wegen Roos' Verweigerung jeglichen gestischen, spontanen Ausdrucks ist diesen Bildern ein unerhört glamouröses, lebendiges Moment eigen. Völlig ins Regelwerk der abstrakten Malerei eingebettet, haben sie doch massenkulturellen Appeal, sind sie Pop. Brigitte Werneburg
Bis 23. August, Di. bis Fr. 14 bis 19, Sa. 12 bis 17 Uhr, Tucholskystraße 35, Mitte
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