: Ein gesundes Kind soll es sein
Seit Anfang der Siebzigerjahre wird die Pränataldiagnostik bedeutender. Die Untersuchung während der Schwangerschaft dient der Erkennung von erblichen Krankheiten und Fehlbildungen beim Ungeborenen. Obwohl neue Untersuchungsmethoden entwickelt wurden, liegt das Ergebnis über eine mögliche Behinderung des Fötus erst relativ spät, von der 20. Woche an, vor.
Zu diesen neuen Untersuchungsmethoden gehört beispielsweise die Amniozentese („Fruchtwasseruntersuchung“), bei der mit einer Hohlnadel durch die Bauchdecke der Schwangeren in die Fruchtblase gestochen wird, um etwas Fruchtwasser entnommen. Die in der Flüssigkeit schwimmenden, vom Fötus abgelösten Zellen können dann einer Erbgutanalyse unterzogen werden.
Auch bei der Chorionbiopsie handelt es sich um einen Eingriff in den Körper der Schwangeren. Bei dieser Methode, die bereits von der siebten Schwangerschaftswoche an durchgeführt werden kann, wird der Schwangeren Gewebe aus den Zotten (Chorion) entnommen. Wegen des hohen Risikos für den Fötus wird diese Methode nur an wenigen Zentren durchgeführt.
Noch verhältnismäßig neu ist der sogenannte Tripletest, der aber nur Hinweise auf eine mögliche Fehlbildung des Fötus geben kann. Bei dieser Methode wird das Blut der Schwangeren auf bestimmte hormonelle Marker hin untersucht.
Am schonendsten ist die obligatorische Ultraschalluntersuchung, weil bei dieser kein Eingriff in den Körper notwendig ist. Ein Nachteil ist jedoch, dass für die Auswertung der Bilder langjährige Erfahrung nötig ist. Zudem können nur äußerlich sichtbare Fehlbildungen erkannt werden.
Wird bei einer Frau über 35 Jahren eine Schwangerschaft festgestellt, ist der Arzt verpflichtet, auf das erhöhte Risiko von Fehlbildungen hinzuweisen. Rund neunzig Prozent der Eltern, die die Nachricht erhalten, ihr Kind werde behindert zur Welt kommen, entscheiden sich für eine Abtreibung.
Seit der Novellierung des Paragraphen 218 im Jahre 1995 sind im Fall einer medizinischen Indikation Abtreibungen auch nach der zwölften Woche zulässig, wenn Schwangeren körperliche und seelische Schäden drohen. Eine Frist gibt es nicht. Von der 18. bis zur 20. Schwangerschaftswoche wird der Abbruch durch eine eingeleitete Geburt vorgenommen. Da heute bereits Kinder mit einem Geburtsgewicht von fünfhundert Gramm (das entspricht etwa der 22. bis 24. Schwangerschaftswoche) am Leben erhalten werden können, kommt es immer wieder vor, dass Kinder Spätabtreibungen überleben.
Kommt ein Kind lebend zur Welt, sind die Ärzte verpflichtet, auch gegen den Elternwillen lebenserhaltende Maßnahmen einzuleiten. Deshalb fordert unter anderem die Bundesärztekammer für die medizinische Indikation eine Fristenregelung. Spätabtreibungen sollen danach nur bis zur 22. Woche zulässig sein. Wolfgang Löhr
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