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Famose Sarkasmen

■ Triste Balladen und scheppernder Pop: Hefner am Sonntag im Schlachthof

Das erste Urteil war schnell gefällt: „klingt wie die Violent Femmes“, und falsch war es gar nicht. Auf ihrem Debüt Breaking God's Heart schüttelten die drei äußerlich ungemein (klischee-)britisch daherkommenden Herren von Hefner zwischen dem leiernden Folkverständnis besagter Violent Femmes, leicht 60er-beeinflusstem Pop und Indie-Weinerlichkeit manch wundervollen Song aus den Ärmeln. Dazu näselte und nörgelte Sänger und Gitarrist Darren Hayman in einem Tonfall zwischen übernächtigtem Jonathan Richman und euphorisiertem Tom Verlaine merkwürdige Geschichten und Manifeste.

In Hymnen wurde da der britische Postal Service besungen (später sollten weitere, Zigaretten, Alkohol oder auch Berlin gewidmete Hymnen folgen); und immer wieder ging es um Menschen auf der Suche nach Liebe (oder wenigstens einem getting laid), die an klebrigen Tresen einander erst erträglich trinken, um dann auf irgendeinem Küchfußboden eine weitere von vielen Niederlagen zu erleben: „But in the cold sober light/she's not nearly so pretty/but if I drink more gin/her grace might return“. So schön hatten wir (männliches) Selbstmitleid und Angstlust angesichts zwischenmenschlicher Stellungskriege lange nicht in lakonische Sarkasmen gegossen – und dann auch noch gesungen – gehört. Auf die Frage nach Authentizität des dort Geschilderten, gab sich Hayman – irgendwie erwartungsgemäß – verschlossen: „Ich werde es dir nicht sagen. Ich meine, ich liebe Al Green, aber ich würde es hassen, zu wissen, ob er all die krummen Dinger wirklich gemacht hat, von denen er singt.“

Daneben dann immer wieder Balladen von trister Erhabenheit (zum Beispiel „Don't Flake out on me“, gesungen von Darren Hayman im Duett mit der tollen Gina Birch von den Raincoats), in denen der Galgen den Humor Momente lang überschatten darf.

Spätestens auf ihrem inzwischen dritten Album haben Hefner ihren anfangs spartanischen Sound hinter sich gelassen, und die um einen alten Freund zum Quartett gewachsene Band wird wiederholt von Bläsergruppen, Pedal Steel Gitarre und gelegentlichem Schnickschnack verstärkt. Geblieben ist es beim famosen Songwriting, und geblieben ist es hoffentlich auch beim charmanten Bühnenauftreten der Band. In Vorgruppenfunktion gelang es nämlich in der Vergangenheit wiederholt, die jeweiligen Hauptacts an diverse Wände zu spielen, so hört man; dabei suchten sich Hefner von Anfang an aus, vor wem sie spielen wollten – zuletzt auch ein paar Mal die Violent Femmes. Alexander Diehl

mit Whistler: Sonntag, 21 Uhr, Schlachthof

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