: Absolute Ansichtssache
Was sind eigentlich „notwendige“ Atomtransporte? Drei Antworten
BERLIN taz ■ „Bundesumweltminister Jürgen Trittin und der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Konrad Freiberg sind übereinstimmend der Auffassung, dass nicht notwendige Atomtransporte vermieden werden sollen“, heißt es in einer Presseerklärung des Hauses Trittin. Hübsche Formulierung. Was aber sind „notwendige“, was „nicht notwendige“ Transporte? Es gibt drei Antworten. Die widersprechen sich zwar, stimmen aber trotzdem.
Antwort Nummer 1: Natürlich sind Atom-Transporte notwendig/nicht notwendig. Diese Antwort stammt von der Atomindustrie/ dem harten Kern der Anti-Atom-Bewegung. Beider Argument: Um AKWs geordnet betreiben zu können, muss abgebranntes Material transportiert werden.
Antwort Nummer 2: Zumindest der jetzt von Schröder und Jospin verabredete Transport ist notwendig. Trittin erklärte gestern: „Wir haben die völkerrechtliche und politische Pflicht, diesen Atommüll zurückzunehmen.“ Stimmt schon wegen des Atomkonsenses: Nach dem hat die Atomwirtschaft bis 2005 die Möglichkeit, kalte Brennstäbe nach La Hague zur Wiederaufbereitung zu transportieren. Und zurück natürlich auch. Diese „Konsenstransporte“ können aber erst wieder rollen, wenn die jetzt in La Hague lagernden deutschen Fässer zurückgenommen wurden.
„Nicht notwendige“ Transporte sind nach dem Atomkonsens hingegen die, mit denen abgebrannte Brennstäbe in die zentralen Zwischenlager Gorleben und Ahaus verschickt werden. Mit Interims- oder Zwischenlager direkt am Kraftwerk könnten die vermieden werden – und zwar so lange, bis es ein endgültiges Endlager gibt. Auf diese Art würde mittelfristig ein Drittel des früheren Transportumfangs eingespart.
Antwort Nummer 3: Prinzipiell ist der Rücktransport aus La Hague zwar notwendig, nicht aber jetzt. „Sowohl Zeitpunkt als auch Zielort sind unsinnig“, sagt Achim Weber vom Arbeitskreis gegen Atomanlagen in der Grünen Liga. Solange nicht klar sei, dass Gorleben Endlager wird, so lange werde der strahlende Müll nicht zum letzten Male transportiert. Für das Attribut „notwendig“ sei aber genau das – notwendig.
NICK REIMER
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