: Der Baron von Köln verlässt die Bühne
Alfred Freiherr von Oppenheim ist tot. Der 70-Jährige lenkte 40 Jahre lang die Geschicke der Privatbank Sal. Oppenheim. Stets wortgewaltig mischte er sich auch in die Stadtpolitik ein: Für eine große Koalition und für umfangreiche Privatisierungen
von Frank Überall,Pascal Beucker und Wolfgang Jorzik
Noch kurz vor Weihnachten hatte Baron Alfred Freiherr von Oppenheim mit den Spitzen der großen Fraktionen im Kölner Stadtrat zusammen gesessen. Intensiv hatte er sich für eine Rathauskoalition von CDU und SPD stark gemacht. Aus seiner Sicht sei das nach dem knappen Ergebnis der Kommunalwahl die einzige Möglichkeit für stabile Mehrheiten. Auch dieser Wunsch ist ihm in Erfüllung gegangen. Am Mittwoch ist Alfred Freiherr von Oppenheim nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. Er wurde 70 Jahre alt.
Über vier Jahrzehnte gestaltete von Oppenheim, der als der einflussreichste deutsche Privatbankier galt, maßgeblich die Entwicklung des Kölner Bankhauses Sal. Oppenheim. Es verwaltet und betreut Vermögen von rund 61 Milliarden Euro und beschäftigt knapp 1.800 Mitarbeiter in seinen 20 Niederlassungen und Tochtergesellschaften im In- und Ausland. Erst Anfang der Wochen hatte das Bankhaus die endgültige Übernahme der BHF-Bank für 600 Millionen Euro bekannt gegeben, womit die Sal. Oppenheim-Gruppe zur größten unabhängigen Privatbankgruppe in Europa aufgestiegen sei.
Zuletzt war von Oppenheim, der 1964 im Alter von 30 Jahren als persönlich haftender Gesellschafter in die Privatbank eintrat, als Aufsichtsratsvorsitzender tätig und übte darüber hinaus zahlreiche Ämter in Wirtschaft und Kultur aus. So gehörte er auch unter anderem den Aufsichtsräten der AXA, der RWE Power AG und des Verlages M. DuMont Schauberg an.
Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) äußerte sich in einer ersten Reaktion „bestürzt“ über den Tod Oppenheims. Die Stadt Köln verliere „einen ihrer profiliertesten und verdienstvollsten Bürger“.
Auch die Grünen würdigten den Verstorbenen – „trotz aller Differenzen in vielen kommunalpolitischen Fragen“, wie Ratsfraktionschefin Barbara Moritz betonte. Mit ihm habe die Kulturstadt Köln einen Menschen verloren, „der die mäzenatische Tradition seiner Familie fortsetzte“. Darüber hinaus habe von Oppenheim „neben seinem großen wirtschaftlichen Einfluss auch eine bedeutende Rolle in der Kölner Stadtpolitik“ gespielt, formulierte Moritz vorsichtig.
Tatsächlich hatte sich von Oppenheim stets wortgewaltig in die Geschicke Kölns eingemischt. Leidenschaftlich plädierte er für die Privatisierung öffentlicher Unternehmen – und bot mit seinem Bankhaus gleichzeitig seine Dienste beim Verkauf der Firmen an. Unter anderem kümmerte sich sein Haus um den geplanten Verkauf des städtischen Kölner Wohnungsunternehmens GAG, der jedoch in letzter Minute scheiterte.
Gemeinsam mit dem Kölner Verleger Alfred Neven DuMont engagierte sich von Oppenheim auch für diverse Bauprojekte in der Stadt. In Fonds des Troisdorfer Immobilien-Unternehmers Josef Esch stellte Oppenheim bei einer Vielzahl von Vorhaben die Finanzierung sicher. Neben den im Bau befindlichen vier neuen Messehallen war der Bau der Kölnarena sicher eines der größten Projekte. Durch die damit verbundene „Mantel-Bebauung“, als Verwaltungs-Dienststelle der Stadtverwaltung war der Bau der Arena immer wieder in die öffentliche Kritik geraten. Der verstorbene Oberbürgermeister Harry Blum hatte den entsprechenden Mietvertrag der Stadt als den „vermieterfreundlichsten von ganz Köln“ bezeichnet.
Äußerst ungehalten reagierte Oppenheim, als die Grünen im April 2002 unter dem Titel „Wem gehört die Stadt?“ ein Plakat veröffentlichten: Es zeigte neben der Hänneschen-Figur Schäl unter anderen Oppenheim, Neven DuMont, Ex-Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes, Ex-Obertstadtdirektor Lothar Ruschmeier und auch die beiden SPD-Korrumpels Klaus Heugel und Norbert Rüther. Das Plakat weise „auf die politischen und wirtschaftlichen Akteure hin, die in Köln unbestritten Macht ausüben beziehungsweise ausgeübt haben“, begründeten die Grünen ihre Aktion. Die Abgebildeten stünden, wenn auch jeweils unterschiedlich, „in Zusammenhang mit den Großprojekten in dieser Stadt, die seit ihrer Entstehung ungeklärte Fragen und Zweifel aufwerfen“. Oppenheim bezeichnete das Plakat als „verachtenswert“. Er fühle sich „perfide beleidigt“, teilte Oppenheim den Grünen schriftlich mit.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) würdigte den Bankier als „einen Unternehmer, der sich für das Gemeinwohl in seiner Heimat und jenseits des eigenen Lebensmittelpunktes in vorbildlicher und hervorragender Art engagierte“.
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