piwik no script img

„Korrektur der Massen“

„Hilft Technik gegen Terror?“ – Die Künstlergruppe „Beobachter der Bediener von Maschinen“ (bbm) beschäftigt sich mit modernen Überwachungstechnologien. In ihrem Projekt „TROIA“ werden sie für die Besucher leibhaftig erfahrbar

Der Name klingt bedrohlich. „TROIA – Demonen – nicht letale Strategien“. Aber die Inhalte sind es ebenso. Es geht um Technologien politischer Kontrolle, genauer um moderne Überwachungstechnologien. „Demon“ steht für „directed energy munition“, und eben jene Schall-, Licht-, Gas- und Stromwaffen, die unmittelbar ins zentrale Nervensystem eingreifen, sind längst nicht mehr gruselige Attrapen in Science-Fiction-Filmen. Sie kommen im Irak genauso wie in Europa zum Einsatz, wie kürzlich bei der Festnahme eines der Londoner Attentäter.

„Hilft Technik gegen Terror und Gewalt?“, „Wieviel Vertrauen in die Wunder der Technik verträgt die Demokratie?“ und „Wo verläuft die Grenze zwischen Sicherheit und Freiheit“: das sind die Fragen, die sich die Mitglieder der Künstlergruppe „Beobachter der Bediener von Maschinen“ (bbm) stellen. Die ist einem lockeren Verbund über ganz Deutschland verteilt und wurde in den vergangenen Jahren durch ihre pyrotechnischen Performances mit Maschinen bekannt. Das „TROIA“-Projekt haben Olaf Arndt und Janneke Schönenbach von BBM gemeinsam mit dem inzwischen ausgeschiedenen David Atrichouk in einer Mischung aus Recherche und künstlerischer Entwicklungsarbeit initiiert.

Ausgangspunkt war unter anderem ein Gutachten, das der Brite Steve Wright für die EU zum Thema nicht-letale Waffen verfasst hat. Deren Ziel ist weniger eine Unterdrückung oder Vertreibung revoltierender Massen, als, zynisch gesprochen, ihre„Korrektur“: Mittels Hochtechnologie soll unmittelbar mit dem zentralen Nervensystem der Personen „kommuniziert“ werden. Für ihre Befürworter sind diese neuartigen Waffen Friedensstifter. Für Kritiker wie Steve Wright und Olaf Arndt unterlaufen sie hingegen das Wesen der Demokratie, indem sie die kritische Öffentlichkeit außer Kraft setzen. Eben dieses Unterlaufen soll sich im Titel des Projekt „TROIA“ wiederspiegeln. Denn nicht-letalen Waffen lähmen nicht nur vor Ort – sie versetzen die Bevölkerung bereits im Vorfeld in Angst und Schrecken. Und was vielleicht noch schwerer wiegt: Ihr Einsatz unterliegt, anders als der konventioneller Waffen, nicht denselben internationalen Regeln.

Die künstlerische Umsetzung von TROIA variiert in jeder Stadt, in der das Projekt gastiert. In Bremen kooperieren die Künstler von bbm mit der Hochschule für Kunst und dem Verbund Visionenkessel. Grundelement ist ein mobiles futuristisches Gebäude, das temporär in der Überseestadt aufgebaut wird. Darin ist eine Multimedia-Präsentation zu sehen, innerhalb derer die Beobachter mittels tragbaren Mulitmedia-Sendern und -empfängern die „Schöne neue Welt“ unmittelbar am eigenen Körper erfahren können. Außerdem gibt es ein Theaterstück zum Thema unter der Regie von Michael Farin, das Hörspiel „Demon“ sowie szenische Lesungen, Filme von Studenten der Hochschule sowie Musik von „zeitblom“. grä

„TROIA“ ist vom 5.bis 18.8, täglich von 19-22 Uhr, auf der Freifläche vor Speicher XI in der Überseestadt zu besuchen. Die Ausstellung ist auch nachmittags ab 14 Uhr zu besichtigen. Die Tageskarte kostet 10 Euro.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen