: Ghaddafi droht mit tausendköpfiger Armee
■ Am Jahrestag der Revolution sprach Ghaddafi über internationale Truppen im Kampf gegen die USA, die Herren des Mittelmeers und die Herren Libyens sowie über das einige marokkanische und libysche Volk / Nachdrücklich bat er die Sowjetunion um Beistand
Aus Tripolis Nora Bustani
Am Vorabend des Jahrestages der libyschen Revolution vom 1. September hat Revolutionsführer Ghaddafi auf dem zentralen „Grünen Platz“ von Tripolis eine dreistündige Rede gehalten, in der er drohte, an der Spitze einer tausendköpfigen internationalen Armee die USA zu bekämpfen. Zugleich forderte er die Sowjetunion auf, Libyen und den Arabern zur Seite zu stehen. Ghaddafi, im olivgrünen Kampfdress mit Kordsamtweste, sprach vor rund 5.000 jubelnden und singenden Anhängern. Unter Anspielung auf die jüngsten US– Manöver vor der libyschen Küste erklärte Ghaddafi: „Wenn Präsident Ronald Reagan mit seinen Dummheiten und der Gefährdung des internationalen Friedens nicht aufhört, werde ich eine Truppe aus tausend Libyern aufstellen und sie nach Amerika führen, um das neo– nazistische Reich zu vernichten.“ Eine internationale Armee von Mitstreitern aus Asien, Afrika und Lateinamerika würde die USA überall bekämfen. Ghaddafi forderte die USA erneut dazu auf, Beweise für seine angebliche Verwicklung in Anschläge vorzulegen. Selbst wenn es den USA gelänge, die Küste Libyens zu besetzen, könnten sie nicht ihre Flotte und Flugzeugträger in die Mitte der Wüste schaffen. „Vielleicht wären sie die Herren des Meeres, aber wir sind die Herren unseres Landes“, erklärte Ghaddafi. Ghaddafi wies darauf hin, daß die amerikanische Politik im Mit telmeer letztlich nicht gegen Libyen, sondern gegen die Sowjetunion gerichtet sei. Die USA wollten das Mittelmeer von der Türkei bis Tanger kontrollieren. Er appellierte nachdrücklich an die UdSSR, dies zu verhindern. Der libysche Revolutionsführer ging auch auf die Entscheidung des marokkanischen Königs Hassan II. ein, die Union mit Libyen aufzukündigen. Der Vertrag besitze noch Gültigkeit, so Ghaddafi laut dpa, da er von beiden Völkern angenommen und noch nicht verworfen worden sei. Hassan II. hatte seinen Entschluß als Folge eines syrisch–libyschen Kommuniques bezeichnet, in dem seine Begegnung mit dem israelischen Ministerpräsidenten Peres als „Verrat“ bezeichnet worden war. Anders als Syrien, das seine di plomatischen Beziehungen mit Marokko daraufhin abbrach, hatte Libyen die Begegnung zwar verurteilt, aber sonst keine konkreten Schritte gegen Marokko unternommen. Baschir Mustafa Sayed, der stellvertretende Führer der sahrauischen Befreiungsfront Polisario, die mit Marokko im Konflikt liegt, sieht nach dem Bruch der Union „neue Perspektiven“ für die Beziehungen zwischen Libyen und der Polisario, wie afp aus Algier berichtet. Die libysche Unterstützung der Polisario war im Sommer 84 mit Bildung der Union eingestellt worden.
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