„Wir dürfen nicht herzlos sein“

■ Asyl–Kontroverse auf „kleinem CDU Parteitag“ verdeckt ausgetragen / Dregger und seine Rechten in der Minderheit / Wallmann: „Ergänzung“ des Artikel 16 durch Bundesgesetz–Vorbehalt ist machbar

Aus Bonn Oliver Tolmein

Gäbe es innerhalb der Union nicht die Auseinandersetzungen um die Beschneidung des Grundrechts auf Asyl, die Sitzung des höchsten CDU–Parteigremiums zwischen den Parteitagen am Freitag hätte kaum öffentliche Resonanz gefunden. Das dort diskutierte, aber noch immer nicht beschlossene Wahlprogramm hält keine Überraschungen bereit. Und auch in Kanzler Kohls Wahlkampfeinstimmungsrede wurde vorwiegend Altbekanntes repetiert: Etwa 130 Tage vor der Wahl habe man Grund, stolz auf die Leistungen seiner Regierung zu sein. Die SPD dagegen habe seit 1982 nichts dazu gelernt. Kontroverser ging es jedoch bei Punkt 9 des Wahlprogramms zu: „Wir verhindern den Mißbrauch des Asylrechts und fördern die Integration von Ausländern“. Ohne ausdrücklich Bezug auf die innenpolitischen Sprecher der CSU– bzw. CDU–Fraktion zu nehmen, grenzte sich der Kanzler von „wenig hilfreichen“ Stellungnahmen in den letzten Tagen ab: „Daß unser Asylrecht so ist, wie es ist, hat einen historischen Grund. Deshalb darf es nicht substantiell verändert werden.“ Eine Veränderung des Artikel 16 Grundgesetz halte er allerdings auch für unumgänglich. Der CDU–Fraktionsvorsitzende Dregger, dessen Bericht über die Fraktionsarbeit in den Tagesordnungspunkt „Aussprache“ abgeschoben wurde, mahnte zwar: „Wir dürfen nicht herzlos sein“, schlug dann aber ausgesprochen scharfe Töne an. Dregger agumentierte dagegen, daß alle 5 Milliarden Ausländer in der BRD Asyl beantragen dürfen und forderte, daß das bundesdeutsche Asylrecht dem anderer europäischer Länder angeglichen werde. Das kann auch als Forderung nach Abschaffung des Grundrechts verstanden werden, da das Asylrecht in anderen Ländern in der Regel nicht als Grundrecht gilt. Umweltminister Wallmann, der letzte prominente Redner zu diesem Punkt, dürfte den künftigen Unionskurs am exaktesten gefahren sein: Er warnte zwar vehement vor der Asylantenflut und Überfremdung Deutschlands vor allem durch nichteuropäische Ausländer - der Artikel 16, so betonte er, könne aber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in seinem Wesensgehalt angetastet werden. Seine „Ergänzung“ durch einen Bundesgesetz–Vorbehalt sei machbar und wünschenswert, die Vorschläge von Broll und Fellner würden spätestens vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern.