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Leere Drohungen der SPD gegen die RBU

■ Die Ankündigung einer Stillegung der Atomfabrik RBU durch Hessens Wirtschaftsminister Steger bezeichnen die Grünen als „heiße Luft“ / Bundesumweltminister Wallmann setzt Steger einen Dämpfer auf

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Die Drohung des hessischen Wirtschaftsministers Ulrich Steger (SPD), der Hanauer Brennelementefabrik RBU die Betriebserlaubnis zu entziehen, wird von den Grünen im hessischen Landtag als schlichter „Wahlkampfgag“ aufgefaßt. Der Atomexperte der Landtagsgruppe der hessischen Grünen, Franz Jakob, sagte am Sonntag gegenüber der taz, Steger habe „nur heiße Luft“ produziert. Jakob warf dem Wirtschaftsminister der rot–grünen Koalition vor, angesichts der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die RBU die „Flucht nach vorn“ angetreten zu haben: „Steger befürchtet zu Recht, daß die Staatsanwaltschaft in Sachen RBU demnächst Anklage gegen die Geschäftsfüh rung der Atomfabrik erheben wird. Der Minister mußte dem Staatsanwalt zuvorkommen.“ Tatsächlich beantragte die Hanauer Staatsanwaltschaft schon vor Wochenfrist in Bonn die Aufhebung der Immunität des RBU– und ALKEM–Geschäftsführers und CDU–Bundestagsabgeordneter Alexander Warrikoff. In seinem Brief an die RBU–Geschäftsleitung (siehe taz vom 6.9.86) hatte Steger denn auch erklärt, daß eine Genehmigung der Brennelemente–Produktionsanlagen der RBU nur dann in Betracht komme, „wenn andere Personen Geschäftsführer sind“. Damit, so Franz Jakob, habe der Wirtschaftsminister der RBU bereits ein „Hintertürchen“ offen gelassen. Jakob: „Mit seinen Drohgebärden versucht Steger zu retten, was noch zu retten ist, für die Atomindustrie. Darüberhinaus paßten diese Drohgebärden der SPD ins butterweiche Ausstiegskonzept. Gegessen wird allerdings erst nach der Bundestagswahl.“ Steger hatte der RBU am Freitag in der Tat durchaus noch Genehmigungschancen eingeräumt, „wenn sich die Betreiber aber verdammt auf den Hosenboden setzen und ihre Hausaufgaben machen“, so der Wirtschaftsminister. Grüne und Bürgerinitiativen werfen der Brennelementefabrik RBU vor, ihre Anlagen ohne ausreichende Genehmigungen nach Paragraph 7 des Atomgesetzes zu betreiben. Die bisher von der RBU eingereichten Genehmigungsunterlagen, die bereits Gegenstand von öffentlichen Erörterungsterminen waren, würden darüberhinaus nicht mit der tatsächlichen Anlage übereinstimmen. Die Hanauer Atomschmiede RBU beliefert nahezu alle bundesdeutschen Atommeiler mit Brennelementen. So erklärte Bundesumweltminister Wallmann denn auch umgehend, eine Stillegung der RBU werde die gesamte deutsche Atomindustrie treffen. Entscheidungen in den Genehmigungsverfahren müßten daher mit „größter Sorgfalt“ getroffen werden. Kritik übte Wallmann an dem Verhalten der hessischen Landesregierung bei den seit 1975 laufenden Genehmigungsverfahren. Er habe kein Verständnis dafür, daß die Landesregierung die Verfahren so lange „schleifen“ lasse. In einem vertraulichen Gespräch mit Steger vor wenigen Tagen habe er Steger Vorschläge für das weitere Vorgehen unterbreitet, die dieser akzeptiert habe.

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