Kinder–Bonbons für die Reichen

■ Während der Haushaltsdebatte im Bundestag verspricht Familienministerin Rita Süssmuth eine Erhöhung der Kinderfreibeträge / SPD kritisiert Regelung als unsozial / Erziehungsgeld für Männer „eine Floskel“

Aus Bonn Ursel Sieber

Familienministerin Rita Süssmuth hatte ihre Wahlkampfrede gerade beendet, da lief eine Sensation über die Agenturen: Fürs nächste Jahr verspeche Rita Süssmuth mehr Kindergeld als die SPD. Bald darauf die Richtigstellung: Die Leistungen der Bundesregierung sollten nur „insgesamt“ über die von der SPD angekündigten Maßnahmen hinausgehen. Und: es wird klargestellt, daß die Ministerin eine Erhöhung des Kindergeldes „nicht eindeutig“ angekündigt habe. Tatsächlich hat Ministerin Süßmuth in ihrer „Leistungsbilanz“ der CDU–Familienpolitik lediglich eine weitere Erhöhung der Kinderfreibeträge und des Kindergeldzuschlages angekündigt. Nach diesen Erhöhungen „im nächsten Jahr“, so Süssmuth, könne man dann für das 1. Kind „sogar mehr als 100 DM“, für das 2. Kind „etwas weniger“ als 200 und beim 3. Kind „sogar mehr“ als 300 DM bekommen. Die SPD hat genau diese Summen beschlossen, allerdings als feste, einkommensunabhängige Beträge. Die Familienministerin will jedoch das System aus Kindergeld und steuerlichen Kinderfreibeträgen fortschreiben. ( Einkommensschwächere erhalten für das 1. Kind 50 DM, zuzüglich eines Kindergeldzuschlages von maxi mal 46 DM, der gesondert beantragt werden muß.) Rita Süssmuth wertete die Familienpolitik der Bundesregierung als „sozial, gerecht, kinderfreundlich, partnerschaftlich und frauenfreundlich“. Die SPD–Abgeordnete Renate Schmidt sagte, das System der Kinderfreibeträge begünstige die Spitzenverdiener. Viele Angestellten, Arbeiter und Beamten könnten die steuerlichen Kinder freibeträge gar nicht ausnutzen. Die Abgeordnete der Grünen, Marita Wagner, betonte, der Kindergeldzuschlag von maximal 46 DM für Einkommensschwächere habe nur „zusätzlichen bürokratischen Aufwand“ gebracht. In keinem Falle könnten damit jedoch die Steuervergüngstigungen für die Besserverdienenden „kompensiert“ werden. Heute werde für die Familien anteilig weniger ausgegeben als 1981, und das bliebe nach der mittelfristigen Finanzplanung bis 1989 so, kritisiert Renate Schmidt. Daß das Erziehungsgeld die Wahlfreiheit zwischen Mann und Frau ermögliche, sei eine „Floskel“. Nur 1,5 Prozent der Männer hätten Erziehungsgeld in Anspruch genommen. Die Ministerin mache insgesamt nur „leere Versprechungen.