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Bonner Sanktions–Heuchelei

■ Vor dem EG–Außenministertreffen in Brüssel zu Sanktionen gegen Südafrika gibt Regierungssprecher Ost die wachsweiche Parole aus: Bonn ist dabei, wenn in der EG „eine gemeinsame Basis“ gefunden wird

Bonn (taz/dpa) - Die Bundesregierung will EG–Sanktionen gegen das Apartheidregime in Südafrika mittragen, wenn „eine gemeinsame Basis dafür gefunden werde“. Diese Verhaltensregelung für die am Montag beginnende EG–Sitzung über Sanktionen präsentierte Regierungssprecher Ost vor der Presse gestern als „deutsche Marschroute“. Dank dieser so butterweichen wie inhaltsleeren Formulierung haben dem Vernehmen nach auch die erklärten Sanktionsgegner FDP–Chef Bangemann und CSU– Chef Strauß ihr Plazet zu dieser Verhaltensregelung gegeben. Laut Mitteilung aus Regierungskreisen bedurfte es mehrerer „intensiver Gespräche“ zwischen Kohl und Genscher sowie wieder holter Konsultationen zwischen Kohl und Strauß, bis Ost die jüngste Wischi–Waschi–Erklärung abgeben durfte. Noch am Donnerstagabend hatte Bangemann erklärt, er halte Sanktionen gegen das Botha–Regime für „nutzlos und schädlich“ und könne EG–Sanktionen nur in dem Fall mittragen, wenn die Bundesregierung mit ihrer ablehnenden Haltung alleine stünde. Bangemanns Einschränkung wurde nun von Regierunsgsprecher Ost als „deutsche Marschroute“ verkauft. Ost vermied es konsequent, Sanktionen gegen Südafrika direkt zu bejahen. Dafür betonte er, die bundesdeutsche Haltung werde mit den USA, Frankreich und Großbritannien abgestimmt. Fortsetzung Seite 2 Bekanntermaßen mag auch Britanniens Regierungschefin Thatcher dem Botha–Regime auf keinen Fall durch Sanktionen etwaige Schwierigkeiten bereiten. Trotz heftigen Gegensteuerns durch Bundeskanzler Kohl hatte die EG im Juni ein Investitionsverbot für Südafrika, eine Einfuhrsperre für Kohle, Eisen und Stahl sowie für Krügerrand–Goldmünzen vorgesehen. Jetzt wird geprüft, welche dieser Maßnahmen von der EG verbindlich verfügt werden. Heftige Kritik an der zögerlichen Haltung der Bundesregierung übte gestern der SPD–Vorsitzende Brandt. Er forderte noch für diesen Monat eine Bundestagsdebatte über Südafrika mit dem Ziel einer „Allparteien–Resolution“ auf Grundlage der EG–Beschlüsse. Der SPD–Abgeordnete Günter Verheugen blieb bei Vorstellung seines kritischen Buches „Apartheid Südafrika und die deutschen Interessen am Kap“ trotz Dementis von BMW bei seiner Darstellung, deutsche Unternehmen - einschließlich BMW - hätten bis 1986 regelmäßig Spenden an die regierende „Nationale Partei“ in Pretoria gezahlt.

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