: Rot–grünes Blockdenken irreal
■ Rainer Trampert relativierte zum Auftakt der Grünen–Bundesversammlung den Wert der bündnispolitischen Erklärung - Schlecht besuchte Wahlkundgebung / Bayrische Grüne rechnen fest mit mehr als fünf Prozent
Aus Nürnberg Bernd Siegler
„Wenn der größte deutsche Patriarch in Wahlzeiten gegen die Grünen vorgeht, werden sich viele Menschen in diesem Land denken, an den Grünen muß ja was dran sein.“ Auf der schlecht besuchten Auftaktversammlung der Grünen–Bundesversammlung in Nürnberg unter dem Motto „Die Grünen unverzichtbar“ bedankte sich Bundesvorstandssprecher Rainer Trampert für die Wahlhilfe von Kardinal Höffner, der die Grünen für einen Katholiken als unwählbar bezeichnet hatte. Nach der Kundgebung begann die Bun desversammlung in der eigens von zwei Künstlern gestalteten Frankenhalle, wo genau vor einem Monat der Bundesparteitag der SPD mit der Kür von Johannes Rau zum Kanzlerkandidaten stattgefunden hatte. War bei der SPD dank geschickter Parteitagsregie eine Koalitionsaussage kein Thema, liegen den rund 700 Delegierten der Grünen–Bundesversammlung allein 22 Anträge zur Bündnisfrage vor. In seiner Begrüßungsrede begründete Rainer trampert das Fehlen eines kompromißfähigen Leitantrags des Bundesvorstands zur Bündnisfrage. Das müsse an der Wirklichkeit der Grünen scheitern. Man sei sich zwar einig, den konservativen Block unter 50 % zu bringen zu wollen, aber ob die SPD eine Alternative ist, darüber gebe es unterschiedliche Einschätzungen. „Der Wert unserer büdnispolitischen Erklärung liegt weniger in der zu erwartenden Realisierung als mehr in der politischen Orientierung der Grünen“, da die SPD ihre Ablehnung gegenüber den Grünen ernst meine. „Wenn die SPD eine zusammenarbeit ablehnt, weil sie grüne Politik nicht übernehmen will, und stattdessen auf die gegenseitige Tolerierung mit dem konservativen Block oder auf die FDP schielt, dann hat sie das den Menschen zu begründen, nicht wir haben das zu erklären.“ SPD und Grüne seien kein Block, zwischen dem es egal ist, wen man wähle. Der gastgebende Kreisverband Nürnberg befürchtet keine negativen Auswirkungen von Diskussionen oder Beschlüssen der Bundesversammlung auf die am 12. Oktober anstehenden Landtagswahlen im Freistaat. Der in Alleingängen geübte Landesvorstandssprecher Kaltenhauser betrachtet den Einzug der Grünen ins Maximilianeum als gesichert. Auch die bayerischen Jungdemokraten, die ehemalige Jugendorganisation der FDP, rufen inzwischen zur Wahl der Grünen am 12. Oktober auf.
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