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Zager erster Schritt

■ Zur Debatte auf dem Wahlparteitag der Grünen

Die überparteiliche politische Regie hat uns eine unübertreffbare Vergleichsmöglichkeit beschert. Wer wissen will, welche Karten im Spiel der nächsten Jahre sein werden, braucht nur die beiden Nürnberger Parteitage von SPD und den Da sind die Grünen: Sie quälen sich durch die Koalitionsfrage, mit der sie sich als einzige Partei öffentlich belasten. Sie brauchen acht Stunden selbstzerstörerische Debatte, um die routinierte Kontroverse um die Koalitionsaussage zu relativieren, um den nahen Wahltermin als Realität zu akzeptieren. Sie brauchen acht Stunden, um eine Wahlplattform zu beschließen, in der steht, daß das Projekt Grüne Partei verteidigt werden muß. Ist das also die Basis für die „andere Republik“, die neue politische Kultur? So wie die Grünen diese neue emanzipatorische Kultur beschwören, mit dem ihnen eigenen Pathos, wonach sie die besseren Menschen sind, karikiert ihre Realität gewiß diesen Anspruch. Dennoch aber neigt sich die Waagschale zu ihren Gunsten. Die acht Stunden Selbstaufopferung in der Debatte waren die Anstrengung wert: die Grünen haben - zumindest an diesem Samstag - auf ihre liebgewordenen Flügelkämpfe verzichtet und sie haben vor allem mit der heiligsten Überzeugung linker Minderheitskultur gebrochen, mit dem Rechtbehalten gegenüber der bösen Wirklichkeit. Neue Kultur? Wenn eine linke Partei unter dem Druck einer möglichen Wahlniederlage die Kraft zusammennimmt, um mit großem Ernst eine selbstkritische Debatte über den ganzen Katalog ihrer Überzeugungen, ihrer „Identität“ zu exerzieren, dann ist das eine Chance für die beschworene „neue Kultur“. Keine triumphierende neue Kultur, eine leise, mühselige eben. Mit dem Verzicht auf eine enge, einengende bündnispolitische Erklärung haben die Grünen sich selbst, künftigen grünen Verhandlern einen Vertrauensvorschuß gegeben. Es ist eine Option auf konkrete Politik, mehr nicht. Es ist der Sprung über den eigenen Schatten, aber der Schatten ist noch da. Klaus Hartung

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