: Knackis und Grüne diffamiert
■ Kein Vertreter des bayerischen Justizministeriums bei Anhörung der Grünen zum bayerischen Strafvollzug / Lang versucht Grüne für vereitelte Gefangenenrevolte in JVA Straubing verantwortlich zu machen
München (taz) - „Wir sind der Meinung, daß es eine Wahlkampfveranstaltung ist und daran nimmt das Ministerium grundsätzlich nicht teil“. Damit begründete gestern im Münchner Presseclub Ministerialdirigent Hubert Dietl aus dem bayerischen Justizministerium die Weigerung des Ministeriums, an der für Freitag geplanten Sachverständigenanhörung der Grünen zum Thema bayerischer Strafvollzug teilzunehmen. Trotz seiner Versicherung, daß das Thema „Wahlkampf“ für ihn bei diesem Termin keine Rolle spiele, ereiferte Justizminister Lang sich über die Nominierung eines Gefangenen aus der JVA Bernau bei den oberbayerischen Grünen. „Wenn wir schon soweit gekommen sind,daß die ihre Kandidaten aus den Anstalten holen“, so sein Kommentar. Fritz Rödiger, der Platz 38 auf der Liste hat, ist im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte und einer Wählbarkeitsbescheinigung. „Er ist auf der Liste stellvertretend dafür, daß die Mehrzahl der Gefangenen in bayerischen Strafanstalten im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte ist und somit wählen und gewählt werden kann“, erklärte der Sprecher der bayerischen Grünen Reichhelm. Er bezeichnete als Unverforenheit, daß der bayerische Justizminister versuche, der Öffentlichkeit dieses geltende Recht als Skandal darzustellen. Besonders „erregt“ hatte den Minister der Vorwurf der Grünen, in bayerischen Strafanstalten herrschten mittelalterliche Zustände. Diesen Eindruck gewann der grüne Bundestagsabgeordnete Horst Fritsch bei einer „Tour de Knast“ vor zwei Wochen. In einer anschließenden Pressekonferenz wies Käthe Lieder, grüne Landtagskandidatin, auf die „explosive Stimmung“ in der JVA Straubing hin, die durch den Wechsel in der Anstaltsleitung verursacht sei. „Wir haben keine Beweise, aber es gibt einen zeitlichen Zusammenhang“, so versuchte Dietl den Grünen schließlich die Verantwortung für eine vereitelte Dachbesetzung der Knackis aus der JVA Straubing in die Schuhe zu schieben.
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