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I N T E R V I E W „Dieser Wirbel soll einschüchtern“

■ Nica–Brigadisten von Zivildienstbeauftragten bedrängt

Angekurbelt vom Münchener Report, aufgegriffen jetzt vom Bundesbeauftragten für den Zivildienst, Hinze (CDU), läuft bundesweit eine Diffamierungskampagne gegen Kriegsdienstverweigerer, die als Brigadisten in Nicaragua möglicherweise eine Waffe in der Hand hatten. (siehe taz vom Montag). Jetzt bekamen auch in Ulm zwei Kriegsdienstverweigerer eine Vorladung vom Prüfungsausschuß. Nur einer von ihnen gehört zu den Brigadisten. Die Kampagne ist also offensichtlich breiter angelegt. Bernd Müllender sprach mit dem Bremer Pastor Ulrich Finckh, dem Vorsitzenden der Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer. taz: Herr Finckh, gibt es überhaupt eine Rechtsgrundlage für die Zurücknahme der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer? Finckh: Jede rechtliche Entscheidung kann erschlichen sein, das muß korrigiert werden können, wenn es rauskommt. Hier geht es allerdings um ein Grundrecht, da ist es schon neu und sehr ungewöhnlich, wenn man rechtskräftige Entscheidungen eines Staates noch mal überprüfen läßt. Gab es solche Vorstöße denn schon früher? In dieser Art nicht. Es ist in Einzelfällen zwar schon vorgekommen, daß Verweigerer erklärt haben: Ich bin keiner mehr, ich habe meine Einstellung geändert. Aber hier die Behörden aktiv... Ja, und zwar gegen den ausdrücklichen Willen und die Überzeugung der Aufbauhelfer. Die bestehen ja darauf, daß sie nach wie vor Verweigerer sind und sich an einem Krieg nie beteiligen würden. Es geht ja allein darum, daß sie sich und andere notfalls schützen wollten gegen völkerrechtswidrige Angriffe auf die Zivilbevölkerung und zivile Projekte, also vor Banditen. Erst werden viele in ihren KDV– Verhandlungen gefragt, ob sie bereit sind, Notwehr und Nothilfe zu leisten. Wer da nein sagt, ist unglaubwürdig und wird oft abgelehnt. Jetzt gibt es den Fall, daß jemand tatsächlich möglicherweise so handeln würde, und es folgt diese künstliche Entrüstung. Es geht ja nicht nur um die drei. Mittlerweile gibt es schon weitere Fälle, wie in Ulm. Hier werden tatsächlich Einzelfälle benutzt, um viele als „unechte“ Verweigerer zu diffamieren. Man kann schnell weitere Fälle konstruieren. Viele anerkannte Verweigerer haben sich im Vietnam–Krieg gegen die amerikanische Intervention gewandt. Da ist damals auch schnell angeklungen, wie könnt ihr euch als Verweigerer in einem Krieg auf eine Seite stellen... Muß man jetzt noch mehr aufpassen, was man als Verweigerer sagt? Ja, natürlich. Dieser Wirbel soll einschüchtern. Damit wird die Heuchelei gefördert. Das ist ein neues Stück Repression der Union. Zudem überlege ich mir, was die Aufregung ausgerechnet über Nicaragua soll. Möglicherweise hat der Vorstoß gegen die Verweigerer auch die Funktion, deutlich zu machen, daß die Bundesregierung das Handeln der Contras offiziell nicht mehr als terroristische Überfälle aus dem Nachbarland behandeln, sondern Nicaragua - wie die USA - zu einem förmlichen Kriegsgebiet, als Land im Bürgerkrieg, erklären wird.

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