: Die Geschäfte des Herrn Vinicio Cerezo
■ Die aufwendige Europareise des guatemaltekischen Präsidenten Vinicio Cerezo, der sich zur Zeit in der Bundsrepublik aufhält, stieß auf heftige Kritik bei Opposition und Öffentlichkeit Guatemalas / BRD zahlt 48 Mio. DM Finanz– und 5 Mio. DM Polizeihilfe
Von Claus Kolb
Guatemala–Stadt (taz) - „Diese Reise wird für Guatemala ein gutes Geschäft“, beschwichtigte Guatemalas Präsident Vinicio Cerezo seine zahlreichen Kritiker. Kurz vor seiner Abreise rechtfertigte er damit seine aufwendige Europareise, auf der er sich von Dutzenden Funktionären und Hofstaat begleiten läßt und die ihn am 11. Oktober nach Bonn führen wird. Noch nie wurde in Guatemala die Reise eines Präsidenten so heftig ins Kreuzfeuer genommen wie der jetzige Europatrip des Christdemokraten Cerezo. Das Parlament mußte die Reise sogar eigens per Gesetz absegnen, das die christdemokratische Mehrheit allein durchboxte, da sich alle anderen Abgeordneten vor der Abstimmung unter Protest zurückzogen. Die Opposition sprach von „nationaler Katastrophe“ und „Geldverschwendung“. In den guatemaltekischen Tageszeitungen wird vermutet, daß die Delegation rund 100 Millionen Dollar an Schenkungen und Krediten mit nach Hause bringen wird. Auch wenn die Summe nicht ganz so hoch ausfalle, könne man dafür schon was investieren, argumentierte die Regierung. Eine halbe Million Dollar wird die Reise kosten, gab Vinicio Cerezo vor der Presse zu, als er - Pistole unter dem Jacket - zur Abreise auf dem Militärflughafen von Guatemala–Stadt erschien. Auf dem Startfeld stand eine der beiden Boeing 727 der staatlichen Fluggesellschaft AVIATECA bereit, die erst zwei Wochen vorher von einer Überholung aus Israel zurückgekommen war. Für den Staatsbesuch bekam die Präsidentenmaschine einen besonderen Anstrich: Sogar Betten sollen eingebaut worden sein. Über fünfzig Personen begleiten das Präsidentenpaar. Die genaue Anzahl sowie die Namen und Ämter einiger Mitreisenden sind Staatsgeheimnis. Die First Lady Raquel Blandon de Cerezo nimmt ihre Garderobiere mit, und nicht einmal auf ihren eigenen Coiffeur kann Raquel in Europa verzichten. „Während das Volk unter den ständig steigenden Grundnahrungsmittelpreisen leidet“, kritisierte der Abgeordnete Jaime Archila von der rechtsgerichteten „Union des nationalen Zentrums“ (UCN), „geht Vinicio auf Prunkreise“. Für den ehemaligen Parteigenossen des Präsidenten Reyes Ixcamey hat Vinicio Cerezo nach neun Monaten noch keinen Urlaub verdient: „Von den schweren Wirtschaftsproblemen ist noch keines gelöst. Im Gegenteil: Der Präsident sollte dem Staat nicht noch mehr Schulden aufhalsen. Das ist doch eine Vergnügungsreise mit ausgesuchten Gästen, die er zur Feier seines neuen Amtes in die luxuriösen Hotels in Europa einlädt“. Auch kleine Präsente für seine Gastgeber in den Präsidentenpalästen und Königsschlössern hat Cerezo mitgenommen. Von seinem Kulturminister und Hobbymaler Elmar Rojas kaufte er einige Bilder im Wert von 500 Dollar das Stück. Die typischen Maya–Trachten, die der Präsident in Europa verschenkt, hat er nicht etwa bei den Indios auf dem Markt von Chichicastenango erworben, sondern in einer exklusiven Boutique in der Hauptstadt. Die ersten Erfolge der Geschäftsreise sind bereits mit Befriedigung verbucht worden: Samstag meldete die lokale Presse „18 Millionen hat Cerezo auf der ersten Etappe erhalten“, nämlich in Gestalt von zehn Projekten, die die spanische Regierung finanzieren will. Die Bundesrepublik zahlt Finanzhilfe in Höhe von 48 Mio. DM und Polizeihilfe in Höhe von fünf Mio. DM. Über diese Hilfe dürften sich in Guatemala vor allem die Militärs freuen. Denn die Strategen der Counter–Insurgency im Militärapparat brauchen dringend die zugesagten Gelder für Infrastrukturmaßnahmen auf dem Land als zivilen Teil der „Subversionsbekämpfung“. Deshalb sind sie - neben der Regierungspartei - die einzigen in Guatemala, die sich nicht negativ über die Europareise Vinicio Cerezos ausgesprochen haben.
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