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„Die Grünen ziehen uns in den Dreck“

■ In Guatemala macht der Grünen–Protest gegen bundesdeutsche Polizeihilfe Schlagzeilen Hohe Politiker fühlen sich auf den Schlips getreten / Unbewältigte VergangenheitZD=6 e

Aus Guatemala Ralf Leonhard

Die Bedeutung, die man in Guatemala dem ersten offiziellen Besuch Präsident Vinicio Cerezos in der Bundesrepublik Deutschland beimißt, spiegelt sich in den Schlagzeilen wider, die die Titelseiten der hiesigen Tageszeitungen füllen. Dabei sind es weniger die - ohnehin schon bekannten - Wirtschaftsabkommen, die Reporter und Kommentatoren beschäftigen, als die Protestaktionen gegen den Besuch. Vor allem der Zwischenfall vor der Redoute in Bad Godesberg, wo Cerezo von Demonstranten ausgebuht wurde, ist den Guatemalteken an den Nationalstolz gegangen. „Ich bin kein Mörder. Rodil weist Behauptung deutscher Gruppen zurück“, schrieb am Mittwoch die konservative Prensa Libre auf ihrer Titelseite. Der Innenminister Juan Rodil hatte sich gegenüber der Presse über die Anschuldigungen gegen seine Polizei beklagt. Der christdemokratische Parteisekretär Alfonso Cabrera bezeichnete die Grünen als „kleine radikale Gruppe von Linken“, die den Besuch von Präsident Cerezo in den Dreck ziehen wolle. Er freue sich jedoch auf eine Diskussion mit den Grünen auf dem Forum für Menschenrechte, einer Veranstaltung der CDU–nahen Konrad–Adenauer–Stiftung, die Anfang November in der Bundesrepublik stattfinden soll. Die Grünen hatten den Besuch Cerezos zum Anlaß genommen, um gegen die im September beschlossene Polizeihilfe der BRD an Guatemala zu protestieren. Sie machen die guatemaltekische Nationalpolizei für einen Teil der Verschleppungen von politischen Gegnern verantwortlich.Der Direktor der liberalen Abendzeitung La Hora, Oscar Clemente Marroquin, verglich in einer Glosse die Zeit der Militärdiktaturen mit dem Dritten Reich und meinte, daß gerade die Deutschen wissen müßten, daß der Weg von der Diktatur zur Demokratie kein leichter ist. „Die Regierung Vinicio Cerezos muß als Übergangsregime verstanden werden zwischen einer finsteren Vergangenheit, die wir hinter uns haben, und der demokratischen Zukunft, die wir so ersehnen.“ Die Angriffe gegen den Präsidenten kämen von Leuten, „die unfähig sind, unsere Realität zu verstehen“. Daß die Vergangenheit noch nicht so recht bewältigt ist, ging gleichzeitig aus einem Bericht des Obersten Gerichtshofes hervor, der auf Antrag der guatemaltekischen Menschenrechtskommission und des „Minnesota Lawyers Committee“ Nachforschungen nach über 2.500 seit 1982 verschwundenen Personen angestellt hatte: „Das Gericht hat keine einzige illegal festgehaltene Person gefunden“, heißt es darin. „Vieleicht liegt es daran“, meinte ein Menschenrechtsexperte ironisch, „daß die Richter keinen Zugang zu den Archiven des Militärs haben.“

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